Deutsche Minderheiten

Rumänien weitet Entschädigungszahlungen aus

Rumänien hat das Dekret-Gesetz 118/1990 zur Entschädigung für die Opfer des Kommunismus – dazu gehören politische Verfolgung, Verschleppung, Zwangsarbeit und Zwangsumsiedelung – auf Nachkommen der Opfer ausgeweitet. Das Gesetz 130/2020 wurde am 15. Juli 2020 im rumänischen Parlament verabschiedet und im Amtsblatt (Monitorul Oficial) Nr. 623 ebenfalls am 15. Juli veröffentlicht, seit dem 18. Juli ist es in Kraft. Kinder von verschleppten Personen wollen jetzt wissen, was bei Beantragung der Entschädigungsleistung zu beachten ist. Zur Klärung dieser Fragen hat die Redaktion der Siebenbürgischen Zeitung das folgende Gespräch mit Dr. Bernd Fabritius in München geführt.

 

Welche Kinder sind von der neuen Regelung erfasst?

Das Gesetz 130/2020 erweitert das Dekret-Gesetz 118/1990 um drei Gruppen von Anspruchsberechtigten: Kinder, deren Elternteil noch in der Verschleppung verstorben ist, haben einen eigenen Anspruch auf monatlich 500 Lei (etwa 104 Euro). Kinder, die während der Verschleppung der Eltern bereits gelebt haben, können die gleiche Höhe der Entschädigung beanspruchen, wie diese dem betroffenen Elternteil zugestanden hat. Das wären bei fünf Jahren Russlandverschleppung für jedes Jahr 700 Lei, zusammen also 5 x 700 Lei, entspricht etwa 730 Euro im Monat. Haben Betroffene nach Rückkehr aus Russland auch noch weitere Verschleppungen erlebt (Bărăgan, Zwangswohnsitz etc.), werden diese Jahre dazugezählt. Kinder, die erst nach dem Ende der Verschleppung geboren wurden, bekommen die Hälfte. 
Wird die Entschädigung einmalig oder laufend gezahlt? Bekommt jedes Kind eine Entschädigung oder muss geteilt werden?

Es geht um eine laufende, lebenslange monatliche Zahlung. Jedes noch lebende Kind hat einen eigenen Leistungsanspruch, der auch separat geltend gemacht werden muss. 

 

Können sowohl die betroffenen Personen (Deportierte) als auch die Kinder die Leistung bekommen, oder sind Kinder erst nach dem Tode der Eltern antragsberechtigt?

Dieses ist eine noch offene Auslegungsfrage. Die Absicht des Gesetzgebers war die Einbeziehung der Kinder in einen eigenen Leistungsanspruch. Der Wortlaut des Gesetzes ist aber auslegbar: Zur Leistungshöhe wird im Gesetz auf die Höhe der vom Betroffenen „bezogenen“ Leistung („a beneficiat“) abgestellt. In Ausführungsbestimmungen (regulament de aplicare) wird in Rumänien zu entscheiden sein, ob ein Anspruch nur nach dem Ableben der Betroffenen besteht und auch nur dann, wenn diese zu Lebzeiten selbst bereits einen Antrag gestellt haben, oder ob unabhängig davon alle Kinder einbezogen werden. Ich fände Letzteres gerecht, weil die Betroffenheit der Kinder durch das Verschleppungsschicksal der Eltern gleich groß gewesen ist und daher keine solche Unterscheidung gemacht werden sollte. Darüber muss aber die in Rumänien zuständige Stelle entscheiden. 

 

Sollen Betroffene dann noch mit der Antragstellung warten?

Artikel 15 des Gesetzes DL 118/1990 regelt, dass eine Leistung erst ab dem Folgemonat nach Antragstellung zusteht. Betroffene, deren Anspruchsposition klar gesichert ist (Kinder von verstorbenen Betroffenen, die bereits eine Anerkennungsentscheidung der AJPIS hatten oder noch in der Verschleppung verstorben sind) sollten so schnell wie möglich die Anträge stellen. Kinder der anderen Fallgruppen (Eltern haben nie einen eigenen Antrag gestellt oder leben noch) müssen sich entscheiden, ob sie zur Fristwahrung den Antrag jetzt schon stellen (und bei Klärung der Auslegungsfragen dann rückwirkend ihr Geld bekommen) oder lieber abwarten wollen, wie die Auslegungsfragen in Rumänien bestimmt werden – und dann einen späteren Leistungsbeginn akzeptieren. Ich rate bei laufenden Fristen wie der nach Art. 15 DL 118/90 meist dazu, Anträge lieber vorsorglich zu stellen, statt darauf zu verzichten. Auf diese Weise gehen – sollte eine Genehmigung möglich sein – keine monatlichen Zahlungen durch einen verspäteten Antrag verloren. 

 

Was muss bei Antragstellung vorgelegt werden?

Das Antragsverfahren ist zweistufig (bei zwei Behörden, AJPIS und CJP) und entspricht dem bereits bekannten Verfahren. In der ersten Stufe ist ein formeller Antrag an die Agenţia Judeţeană pentru Plăţi si Inspecţie (AJPIS) im Landkreis des letzten Wohnsitzes erforderlich, dem eine Lebensbescheinigung, ein Beleg über die erlittene Verfolgungsmaßnahme bzw. deren Anerkennung durch die AJPIS, urkundliche Belege zum Nachweis der relevanten Personenstandsbeziehungen sowie eine Kopie des Personalausweises beizugeben sind. In der zweiten Stufe sind dann die in der ersten Stufe durchgesetzte „Decizie“ (Bescheid) der AJPIS, ein formeller Antrag an die Casa Judeţeană de Pensii (CJP), eine Lebensbescheinigung, eine Zahlungserklärung nach Vordruck für internationalen Sozialleistungstransfer inkl. Kontobestätigung, Personenstandsurkunden und eine Ausweiskopie beizufügen. 

 

Einige Betroffene haben von ihren Urkunden (Geburtsurkunden etc.) nur noch die deutschen Übersetzungen. Reichen diese auch?

Bei einer rumänischen Behörde in Rumänien können keine deutschen Übersetzungen verwendet werden. Es müssen rumänische Urkunden beigebracht werden. Urkunden in deutscher Sprache (z.B. in Deutschland ausgestellte Sterbeurkunden) müssen ins Rumänische übersetzt werden. 

 

Wenn Kinder keine Belege mehr zur Verschleppung der Eltern haben, können diese noch beschafft werden?

Nach dem Gesetz muss der Verschleppungstatbestand belegt werden. Das kann mit jeder Art von Urkunden erfolgen. Es reichen z.B. die in den 50-er Jahren ausgestellten Bescheinigungen oder eine Kopie des Arbeitsbuches, wenn dort die Verschleppung eingetragen ist. Oft können Kirchengemeinden einen Verschleppungsnachweis aus ihren Eintragungen in Verschleppungslisten erstellen. Wenn nichts davon mehr möglich ist, kann eine Bestätigung bei der Landesbehörde zur Verwaltung der Securitate-Archive (CNSAS) in Bukarest angefordert werden. Oft werden sogar Zeugenerklärungen von anderen Betroffenen anerkannt, wenn diese einen eigenen Verschleppungsbeleg vorlegen können. 

 

Reicht es aus, Unterlagen per E-Mail zu versenden?

Nein, das reicht nicht. Es geht ja um ein förmliches Administrativverfahren, an dessen Ende die Auszahlung von Geld stehen soll. In solchen Verfahren reicht Mail-Verkehr nicht, es müssen ordentliche Belege vorgelegt werden. Diese sind per Post zu übermitteln, so dass eine Akte angelegt und bearbeitet werden kann. 

 

Einige Behörden in Rumänien fordern die Bestellung eines Bevollmächtigten in Rumänien. Ist das verpflichtend?

Nein, das sind alte Verfahrensgewohnheiten, die seit dem Beitritt Rumäniens zur EU nicht mehr gültig sind. Der Antrag kann schriftlich aus Deutschland gestellt werden, die Leistung erfolgt auf ein Konto des Berechtigten in Deutschland. 

 

Führt diese Entschädigung zu einer Kürzung der Rente in Deutschland?

Nein, auf keinen Fall darf wegen dieser Entschädigung eine Rente oder andere Leistung in Deutschland gekürzt werden. Vorsicht ist geboten, wenn jemand von der gleichen Stelle (CJP) sowohl eine gesetzliche Rente als auch eine Entschädigungsleistung bezieht. Das wird oft vermengt und verwechselt, die in Deutschland geltende Kürzungsvorschrift § 31 FRG ist aber ausschließlich bei gesetzlichen Renten (pensie de asigurări de stat) anzuwenden, wenn diese auf Zeiten beruht, die auch nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannt wurden, nie bei anderen Entschädigungsleistungen. 

 

Müssen Betroffene einen Anwalt einschalten oder können sie die Anträge auch selbst stellen?

In diesen Verfahren besteht keine Verpflichtung zu anwaltlicher Vertretung, Anträge können selbstverständlich auch von den Betroffenen selbst ausgearbeitet und an die zuständigen Behörden (AJPIS und CJP) gesendet werden. Wenn Betroffene mit Verfahren in Rumänien keine Erfahrung haben oder mit dem hier zu beachtenden zweistufigen Verfahren, der Beschaffung und Prüfung der Unterlagen oder deren Übersetzung Hilfe benötigen, so kann natürlich eine Kanzlei mit der Antragstellung und Betreuung im Verfahren beauftragt werden, wenn diese Erfahrung mit Entschädigungsverfahren nach DL 118/1990 in Rumänien hat. 


Deutsche Minderheiten

In den Staaten Mittel-, Ost- und Südosteuropas sowie in der Russischen Förderation und anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion leben rund 2 Millionen Deutsche. Die nachfolgenden Zahlen basieren auf amtlichen Schätzungen:

Russische Föderation 800.000
Republik Kasachstan 350.000
Republik Polen 300.000 - 500.000
Republik Ungarn 200.000
Rumänien 80.000
Tschechische Republik 100.000

Um ihre Interessen als nationale Minderheit besser vertreten zu können, haben sich in den einzelnen Ländern regionale und überregionale Vereine gebildet.


Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen
Vorsitzende: Olivia Schubert

Júlia Str. 9

1026 Budapest (Ungarn)

Telefon: 0036-121291-51
E-Mail: info(at)ldu.hu

www.ldu.hu


Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien (LV)
Präsident: Martin Dzingel
Námestí 14. ríjna 1278/1
CZ - 150 00 Praha 5
Telefon: 0042-0-233 34 44 10
Telefax: 0042-0-233 34 43 72

E-Mail: info(at)landesversammlung.cz

www.landesversammlung.cz


Karpatendeutscher Verein in der Slowakei (KDV)
Vorsitzender: RNDr. Ondrej Pöss, CSc.
Lichardova 20
SK - 04001 Košice

Tel.: +421 905 717 213

E-Mail: kdv(at)kdv.sk

www.kdv.sk


Demokratisches Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR)
Vorsitzender: Paul-Jürgen Porr
Str. Gen. Magheru 1-3
550185 Sibiu/Hermannstadt

Tel./Fax: 0040-269-217 841
E-Mail: info(at)fdgr.ro

www.fdgr.ro


Verband der deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen - VDG
Vorsitzender: Bernard Gaida
ul. Krupnicza 15
PL - 45013 Opole
Telefon: 0048 77 453 85 07 / 0048 77 441 11 86
E-mail: vdg(at)vdg.pl, biuro(at)vdg.pl

www.vdg.pl


Deutsche Gemeinschaft in Kroatien
Präsident: Zorislav Schönberger
Ribarska 1
31000 Osijek (Kroatien)
Tel.: + 385 31 213 610
E-Mail: vdg.osijek(at)gmail.com

www.deutsche-gemeinschaft.eu


Assoziation der Deutschen in der Ukraine
Präsidentin: Walentina Sulina
ul. L'wa Tolstogo 29/1
UA-01032 Kiew
Tel/Fax: +38-044 288 3240

E-Mail: adu.2006(at)mail.ru


Assoziation der gesellschaftlichen Vereinigungen der Deutschen Kasachstans "Wiedergeburt"
Vorsitzender: Marija Borisewitsch
Samal 3, Haus 9
Deutsches Haus
480051 Almaty (Kasachstan)
E-Mail: info(at)wiedergeburt.kz

www.wiedergeburt.kz/index.php/de/


Volksrat der Deutschen Kirgistans
Vorsitzender: Valeri Dill
Ahunbaev Str. 140
720044 Bischkek
Tel: +996 (0) 312 54-23-37
Fax: +996 (0) 312 54-23-36
E-Mail: deuthaus(at)mail.ru

www.vdkr.org/de/


Kulturzentrum der Deutschen Usbekistans e.V. "Wiedergeburt"
Usman Nosir Str. 15
Bobur Str. 4
UZB-100070 Taschkent
Usbekistan
+998-71-255 70 25
wiedergeburt.uz(at)mail.ru


Verein der Deutschen Estlands e.V.

Bobur Str. 4
UZB-100070 Taschkent
Usbekistan
+998-71-255 70 25
wiedergeburt.uz(at)mail.ru


Verband der Deutschen in Lettland

Latvijas Vācu savienība

Vorstandsvorsitzender: Ilze Garda

Slikas ielas 37

LV-1048 Riga (Lettland)

Tel.: +371 29895722

E-Mail: info(at)verband.lv

www.verband.lv


Verein der Deutschen in Klaipėda

Vorsitzender: Klaus Peter Paul Grudzinskas

Simon-Dach-Haus
Jūros g. 7,
LT-92127 Klaipėda (Litauen)
Tel.: +370 46 311481

Fax: +370 46 313020
E-Mail: info(at)sdh.lt

www.sdh.lt/de


Kulturzentrum der Deutschen in Serbien

Karadjordjev put 72

24000 Subotica (Serbien)
Tel.: 00 381 64 152 7 152
E-Mail: onlineschwaben(at)gmail.com

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Verband der deutschsprachigen Kulturvereine der

deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien

Prešernova ulica 2
2000 Maribor/ Marburg an der Drau

www.altoesterreicher.net