Am 1. Februar ist Dr. Horst Köhler, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland von 2004 bis 2010, in Berlin verstorben. Dazu erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius:
Mit großer Trauer erfüllt uns die Nachricht vom Tode von Bundespräsident a.D. Dr. Horst Köhler, der am 1. Februar 2025 im Alter von 81 Jahren verstorben ist.
Horst Köhler kam am 22. Februar 1943 im polnischen Skierbieszów zur Welt, einem Dorf in der Nähe von Lublin, das während der deutschen Besetzung Polens bis 1944 Heidenstein hieß. Er war das siebte von insgesamt acht Kindern. Die Köhlers waren im Zuge der „Heim-ins-Reich“-Politik der deutschen Nationalsozialisten 1942 als selbstständige Bauern dort angesiedelt worden. Sie waren ursprünglich Bessarabiendeutsche und hatten ihre Heimat in Ryschkanowka, heute Rîșcani in der Republik Moldau, aufgeben müssen.
Bereits im Frühjahr 1944 musste die Mutter mit den jüngeren Kindern vor der anrückenden Roten Armee flüchten; die Wehrmacht brannte das Dorf nieder. Nach Aufenthalten in diversen Lagern erreichte die Familie Markkleeberg bei Leipzig.
1953 gelang den Köhlers noch vor dem 17. Juni die Flucht über West-Berlin in die Bundesrepublik. Vier Jahre lang lebten sie in verschiedenen Flüchtlingslagern. 1957 wurde das schwäbische Ludwigsburg schließlich Heimat für die Familie.
Horst Köhler empfand seine Familie als vom Vertreibungsschicksal besonders geprägt. Als „von den Nazis herumgeschubste Opfer“ hatte sie, wie viele andere Vertriebene aus dem „Generalgouvernement“, unter einer zweifachen Vertreibung gelitten. Gleichzeitig erklärte er, sich selbst nicht als Vertriebener zu fühlen und bewahrte sich überdies stets den Blick für den historischen Kontext.
In das höchste Staatsamt, in das er 2004 gewählt wurde, brachten ihn seine intellektuelle Brillanz, seine unbefangene Ehrlichkeit, seine menschliche Größe und auch seine Verdienste um die deutsche Einheit. Doch gerade sein Vertreibungsschicksal rückte in den Vordergrund, als die Zeitschrift „Stern“ unmittelbar vor der Wahl ein Porträt des Kandidaten mit dem Titel „Barackenkind im Schloss Bellevue“ überschrieb.
2006 war Horst Köhler beim Bund der Vertriebenen zu Gast und hielt als Bundespräsident, wie alle Präsidenten vor ihm, eine bewegende Festrede zum Tag der Heimat. Dort bekannte er freimütig: „Daher tun wir gut daran, auch den Vertriebenen zuzuhören – Ihnen zuzuhören. Nicht nur, um zu erfahren, wie es damals war. Sondern auch, um den Flüchtlingen und Vertriebenen dabei zu helfen, mit der Last umzugehen, die ihnen noch immer auf der Seele liegt. Und ich weiß, wovon ich spreche, auch mir liegt ein Stück davon auf der Seele.“
Horst Köhler war ein Mensch mit Herz und Verstand. Er verstand die Herausforderungen und Nöte der Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden und setzte sich dafür ein, dass ihre Geschichten und Schicksale in der Gesellschaft Gehör finden.
Er war der festen Überzeugung, dass die Erinnerung an die Vergangenheit und die Verantwortung für die Zukunft Hand in Hand gehen müssen. Darum war ein Befürworter des Dialogs und des Respekts zwischen den Kulturen. Das hat er auch als großer Freund des afrikanischen Kontinents immer wieder unter Beweis gestellt.
2006 sagte er den deutschen Heimatvertriebenen: „Vertrieben, heimatlos – Millionen erlitten und erleiden noch immer dieses Schicksal und tragen für immer daran. Das kann niemanden gleichgültig lassen. Vertreibungen sind Unrecht, und sie dürfen kein Mittel der Politik sein. Es ist Aufgabe der ganzen Völkergemeinschaft, dieser Erkenntnis überall auf der Welt zum Durchbruch zu verhelfen – beharrlich, aber mit dem Ziel, am Ende doch eine bessere Welt zu schaffen.“
Horst Köhler hat bis zum Schluss nach diesem Credo gelebt. Die deutschen Heimatvertriebenen werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.