In der Nacht vom 16. auf den 17. November 2023 wurde im Deutschen Bundestag in 2./3. Lesung die lange angekündigte Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) mit breiter Mehrheit verabschiedet. Dadurch soll im Bereich des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum zur früheren Aufnahmepraxis für Spätaussiedler zurückgekehrt werden können.
„Die Gesetzesänderung ist in der aktuellen Lage eine deutliche Verbesserung, auch wenn wir uns als Verband im Sinne der Betroffenen für weitergehende und vor allem klarere Formulierungen im Gesetz eingesetzt haben. Ausdrücklich danken möchte ich allen Mitstreitern in der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, in der AGDM und den Selbstorganisationen der Deutschen in den betroffenen Ländern, in der CDU/CSU-Fraktion sowie in allen Fraktionen, die unsere Argumente mit offenen Ohren und Herzen aufgenommen haben“, erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius dazu.
„Die Anpassungen stellen nun endlich unmissverständlich klar, dass ein aktuelles Bekenntnis zum deutschen Volkstum Vorrang vor historischen Bekenntnissen zu einem nichtdeutschen Volkstum hat und dass ernsthafte Änderungsbemühungen zur Glaubhaftmachung ausreichen können. Es gilt nun, dies in eine wohlwollende Verwaltungspraxis zu übersetzen und an die Änderungsbemühungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, zumal in vielen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion eine Änderung der Nationalität rechtlich nicht mehr möglich ist oder Änderungsbemühungen aufgrund der politischen Lage mit Gefahr für Leib und Leben verbunden sind“, so Fabritius weiter.
„Aus diesem Grund hatten wir uns von Beginn an – unterstützt von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – um einen Bezug zum im BVFG bereits etablierten Rechtsbegriff eines ‚Bekenntnisses auf andere Weise‘ ausgesprochen, um unbürokratisch zu regeln, dass auch hier etwa ausreichende Sprachkenntnisse als Bekenntnis zum deutschen Volkstum genügen. Dieser Argumentation ist die Regierungskoalition leider nicht gefolgt, obwohl auch eine Sachverständigen-Anhörung vor dem Innenausschuss entschieden dazu geraten hatte“, bedauert der BdV-Präsident und ergänzt: „Ein Erfolg ist jedoch, dass sämtliche mit der Begründung ‚Gegenbekenntnis‘ abgelehnte Anträge nunmehr wiederaufgenommen werden können.“
„Wertungswiderspruch“ soll durch Rechtsverordnung aufgelöst werden
„Zu begrüßen ist ebenfalls, dass die Ampelfraktionen ihren ursprünglichen Antrag um einen wichtigen Punkt erweitert haben: Wir haben stets betont, dass Angehörige der deutschen Minderheiten aus der Ukraine oder aus der Russischen Föderation, die aufgrund des Krieges Russlands gegen die Ukraine in die europäischen Nachbarländer, nach Deutschland oder weiter nach Westen geflüchtet sind, mit dieser Flucht nicht ihren Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten aufgeben. Genau das ist aber durch die deutsche Verwaltung bislang pauschal unterstellt worden, sobald die Fluchtdauer sechs Monate überstieg. Die Folge war für die Betroffenen, dass sie sich mit der Entscheidung konfrontiert sahen, sich in die Kriegs-, Diskriminierungs- oder Verfolgungssituation zurückzubegeben, um von dort aus einen Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler zu stellen – oder diesen Anspruch für immer zu verlieren.
Nunmehr haben sowohl die Bundestagsfraktionen als auch das Bundesministerium des Innern und für Heimat sich unserer Überzeugung angeschlossen, dass dieser ‚Wertungswiderspruch‘ aufgelöst werden muss. Sie haben klar kommuniziert, dass das bisherige Vorgehen aus humanitären Gründen nicht zu vertreten ist. Mit der Gesetzesänderung soll das BMI daher jetzt per Rechtsverordnung festlegen können, für welche Länder eine Ausnahme von der genannten Frist besteht“, erklärt Fabritius.
„Jedoch“, so schränkt der BdV-Präsident ein, „hätten wir auch hier eine unbürokratischere Lösung bevorzugt. Hierzu hatten wir vorgeschlagen, dass für jeden potenziellen Spätaussiedler, der hier in Deutschland oder in den EU-Ländern vorübergehenden Schutz nach dem Aufenthaltsgesetz oder vergleichbareren EU-Richtlinien gefunden hat, automatisch die Vermutung eines fortbestehenden Wohnsitzes in den Aussiedlungsgebieten gilt. Außerdem wollten wir klarstellen, dass die Betroffenen auch vom Zufluchtsort aus das Aufnahmeverfahren betreiben können, sobald sie selbst entschieden haben, dass sie nicht mehr an ihren Wohnsitz zurückkehren können oder wollen.
Da die jetzt gefundene Regelung über eine Rechtsverordnung hier sehr viel offenlässt, gilt es nun auch in diesem Fall, den Rahmen so zu setzen, dass er die Lebenswirklichkeit der Menschen aufnimmt und in die Entscheidungsfindung einbezieht. Keinesfalls darf es hier zu neuen Härten kommen. Dafür wird sich der BdV weiterhin einsetzen, auch im Spätaussiedlerbeirat beim BMI.“