Die Bundesversammlung, das höchste Beschlussorgan des Bundes der Vertriebenen, hat am 8. Juli 2017 in der bayerischen Landeshauptstadt München zwei wichtige Entschließungen verabschiedet. Ein Antrag des Präsidium benennt die aktuellen Aufgabenfelder der Vertriebenenarbeit, ein Antrag des Landesverbandes Bayern bittet die Bundesregierung, die Unterstützung eines Schulträgers in Oberschlesien fortzusetzen.
60 Jahre Einsatz für Menschenrechte, Heimat und Verständigung – Erbe und Auftrag
In diesem Jahr begeht der Bund der Vertriebenen, der Dacherband der Landsmannschaften und Landesverbände, sein 60. Gründungsjubiläum. Als einziger repräsentativer Verband der Vertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler richten wir unsere Arbeit seit sechs Jahrzehnten an den Grundwerten aus, die schon aus den Worten der Charta der deutschen Heimatvertriebenen von 1950 deutlich werden: der entschiedenen Absage an eine immer wieder zu beobachtende Spirale aus Gewalt und Rache, dem Eintreten für ein zusammenwachsendes Europa der freien Völker, dem Recht auf die Heimat sowie den notwendigen internationalen Anstrengungen zur Verhinderung weiterer Vertreibungsverbrechen.
Ausgehend davon gelten unsere Arbeit und unser Einsatz den Menschenrechten, der lebendigen Heimat und dem Bleiberecht der Völker in ihrer Heimat, einer Erinnerungskultur auf der Basis historischer Wahrheit, dem Auf- und Ausbau der grenzüberschreitenden Verständigungspolitik unter Einbeziehung der deutschen Minderheiten in den Heimatgebieten, der Aufnahme und Eingliederung der Vertriebenen und Spätaussiedler sowie dem Erhalt und der Weiterentwicklung des Kulturerbes der Vertriebenen und Spätaussiedler.
Im Laufe der vergangenen sechs Jahrzehnte haben wir viel erreicht und zahlreiche unserer zentralen Anliegen umgesetzt. Regelmäßig haben uns Parteien, Bundestage und Bundesregierungen, Landesparlamente und Landesregierungen dabei unterstützt. Arbeitsschwerpunkte in jüngerer Zeit waren insbesondere die Anerkennungsleistung an ehemalige zivile deutsche Zwangsarbeiter, der Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung, die Änderungen des Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetzes (BVFG) zugunsten erleichterter Familienzusammenführungen von Spätaussiedlern sowie der Aufbau der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“.
Unser erfolgreicher Einsatz in den verschiedensten Aufgabenbereichen ist vielfach öffentlich gewürdigt worden: Bundespräsidenten, Bundestagspräsidenten, Bundeskanzler, Ministerpräsidenten und Minister, aber auch Vertreter anderer Staaten haben uns immer wieder für unsere Arbeit gedankt und uns ihre weitere Unterstützung zugesichert.
Im Hinblick auf das 60. Gründungsjubiläum des Bundes der Vertriebenen und auf die bevorstehende Bundestagswahl fordert der BdV alle politischen Kräfte daher auf, in der Vergangenheit gemachte Zusagen auch künftig einzuhalten und die fortwährend aktuellen Aufgabenfelder der Vertriebenen verstärkt zu fördern bzw. weiterhin zu unterstützen.
Dazu zählen:
die verständigungspolitische Arbeit der Vertriebenen und ihrer Verbände,
Erhalt und Weiterentwicklung des kulturellen Erbes der Vertriebenen gemäß § 96 BVFG unter Einbeziehung der Vertriebenen und ihrer Verbände,
die feste Verankerung der Geschichte von Flucht, Vertreibung und Aussiedlung im historischen Gedächtnis der Nation, auch durch die Fertigstellung der Dauerausstellung der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ im Berliner Deutschlandhaus,
das Festhalten an der gesetzlichen Vermutung des pauschalen Kriegsfolgenschicksals bei der Aufnahme von Spätaussiedlern
die weitere Aufnahme und Integration von Spätaussiedlern,
die Abmilderung des Altersarmutsrisikos bei Spätaussiedlern,
die Bereitstellung der Anerkennungsleistung an ehemalige zivile deutsche Zwangsarbeiter für sämtliche laut Richtlinie Anspruchsberechtigten,
die weitere Berufung eines Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten nach der Bundestagswahl,
die Förderung der Organisationen der deutschen Minderheiten, insbesondere im Hinblick auf deren Sprach- und Identitätserhalt.
In all diesen Bereichen leisten der Bund der Vertriebenen und seine Gliederungen seit der Gründung beträchtlichen zivilgesellschaftlichen Einsatz, der auch zukünftig positiver politischer Begleitung und verstärkter finanzieller Förderung bedarf. Das Schicksal der deutschen Vertriebenen und Spätaussiedler sowie der heimatverbliebenen Deutschen mit all seinen Folgen gehört in das kollektive Gedächtnis der ganzen Nation. Die vom Bund der Vertriebenen verfolgten Anliegen sind daher gesamtgesellschaftliche Anliegen.
Der Landesverband Bayern des Bundes der Vertriebenen hat beantragt:
Am 1. September 2017 tritt in Polen eine Bildungsreform in Kraft. Die bisherige sechsjährige Grundschule wird in eine achtjährige Grundschule umgewandelt. Dies stellt insbesondere die vom Verein Pro Liberis Silesiae getragenen Grundschulen vor schwierige Herausforderungen, da nun mehr Räumlichkeiten für die neuen Klassen bereit gestellt werden müssen.
Die Bundesregierung wird daher gebeten, die Unterstützung der drei Schulen des genannten Trägers in Raschau, Oppeln und Goslawitz fortzusetzen, damit deren Bestand gesichert und der Unterricht in deutscher Sprache auch in der erweiterten Schulform dauerhaft ermöglicht wird.