Zum Internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar 2022 erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius:
Der Internationale Tag der Muttersprache der UNESCO erinnert daran, dass Sprache zum einen das Selbstverständnis eines jeden Menschen bestimmt und zum anderen eine der wichtigsten Grundlagen jeder kulturellen Identität ist. Sprachliche Vielfalt trägt zum gegenseitigen Verständnis wie zum Respekt vor anderen Kulturen maßgeblich bei.
Daher ist es gerade im Europa des 21. Jahrhunderts eine negative Entwicklung, dass in Polen die in ihren Heimatgebieten seit Jahrhunderten lebenden Deutschen jetzt durch staatliche Diskriminierung im Erlernen ihrer Muttersprache behindert werden sollen. Eine derartige, gezielte Benachteiligung verstößt gegen grundlegende Menschenrechte.
Nach einem Haushaltsbeschluss des polnischen Parlamentes hat das dortige Bildungsministerium angeordnet, den muttersprachlichen Unterricht für die deutsche Minderheit in Polen von 3 auf 1 Wochenstunde zu kürzen. Gleichzeitig wurde die finanzielle Förderung des Unterrichts um 10 Millionen Euro abgesenkt. Andere ethnische und nationale Minderheiten in Polen sind von solchen Kürzungen nicht betroffen.
Diese deutliche Diskriminierung eigener Staatsbürger erinnert an die Zeit kommunistischer Diktatur und lässt sich auch nicht damit entschuldigen, dass man Deutschland in Zugzwang setzen will, den herkunftssprachlichen Unterricht für in Deutschland lebende Polen zu verbessern. Im Gegenteil zeigt sich darin, dass erneut Minderheiten einseitig instrumentalisiert und in Geiselhaft genommen werden, um politische Ziele durchzusetzen und vorhandene Narrative zu bedienen. Wie wenig es dabei tatsächlich um die Sache geht, zeigen die Reaktionen der Polonia in Deutschland. Den ansonsten guten deutsch-polnischen Beziehungen hat die polnische Regierung einen Bärendienst erwiesen.
Es ist gut, dass der Sachverständigenrat des Europarates die Diskriminierung sofort öffentlich verurteilt und Polen vor dem Hintergrund seiner Verpflichtungen aus der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen als auch aus dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten aufgefordert hat, sich zu erklären. Ebenso wichtig ist es, dass viele Fürsprecher in Deutschland sich bereits deutlich hinter die deutsche Minderheit gestellt haben.
Auch der Bund der Vertriebenen steht fest an der Seite Deutschen in Polen. Gemeinsam mit den deutschen Heimatvertriebenen und Aussiedlern stehen sie für grenzüberschreitende Verständigung, für Brückenbau und für ein geeintes und friedliches Europa ein. Auch daher fordern wir Polen anlässlich des Internationalen Tags der Muttersprache auf, nationale wie internationale Verpflichtungen zu achten und die Diskriminierung seiner eigenen, loyalen Staatsbürger zu beenden.
Alle weiteren zwischenstaatlichen Themen gehören in die Verhandlungen des deutsch-polnischen Runden Tisches. Hier ist die Bundesregierung weiterhin gefordert, auch die Anliegen der deutschen Minderheit in Polen wie bisher mit Nachdruck und diplomatischem Geschick zu vertreten.