Drängende inhaltliche Anliegen und Fragen zum Entwurf des Bundeshaushalts 2024 waren Themen in einem offenen, positiven und insgesamt sehr konstruktiven Video-Termin des Bundes der Vertriebenen mit Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion am 21. September 2023. Für die SPD sprachen der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Dirk Wiese, der innenpolitische Sprecher, Sebastian Hartmann, die thematisch zuständige Berichterstatterin, Simona Koß, sowie die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin, Rita Hagl-Kehl, die auch Mitglied des BdV-Präsidiums ist. Seitens des BdV nahmen der Präsident, Dr. Bernd Fabritius, und der Generalsekretär, Marc-P. Halatsch, teil.
Das insbesondere wegen des Ukraine-Krieges aktuell wichtigste Thema wurde zuerst behandelt: die geplante Änderung des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) zur erleichterten Aufnahme von Spätaussiedlern. BdV-Präsident Fabritius machte nochmals deutlich, dass bei historisch vorliegenden „Gegenbekenntnissen“ dringend eine Regelung gefunden werden müsse, in der sich die damalige und die aktuelle Lebenswirklichkeit der deutschen Minderheiten widerspiegelt. Es sei gut, dass sich in der Gesetzgebung eine Lösung in dieser Richtig abzeichne. Ebenso notwendig sei es, den „Wertungswiderspruch“ zwischen einer endgültigen Wohnsitzaufgabe „im Wege des Aufnahmeverfahrens“ und einem nur vorübergehenden, fluchtbedingten Verlassen des Aussiedlungsgebietes aufzulösen, etwa mit einem Ministererlass. Selbst das vorübergehende, mit einem festen Rückkehrwunsch verbundene, fluchtbedingte Verlassen der Heimat aufgrund der durch den Krieg erzeugten humanitären Notlage führe aktuell zum Anspruchsverlust auf Aufnahme als Spätaussiedler, wenn die zeitliche Dauer der Flucht sechs Monate überschreite. Die Betroffenen hätten damit auch nach Kriegsende und Heimkehr automatisch die Möglichkeit verloren, als Spätaussiedler nach Deutschland zu kommen. Deutlich erklärte Fabritius, dass es nicht darum gehe, die Regelungen des BVFG aufzuweichen, sondern jetzt eine Lösung im Sinne der Betroffenen zu finden, mit der sie nicht gezwungen würden, in die Kriegs- und Krisengebiete zurückzukehren.
Die SPD-Abgeordneten hatten zunächst die positive Botschaft mitgebracht, dass die BVFG-Änderung nach aktuellen Informationen in der nächsten Sitzungswoche auf die Tagesordnung im Deutschen Bundestag kommen solle. Man zeigte sich zuversichtlich, dass dieses Thema mit dem Änderungsentwurf der Ampelkoalition sowie in der Plenardebatte gelöst werden könne. Vorsichtiger, aber durchaus lösungsorientiert äußerte man sich zu dem vom BdV beschriebenen „Wertungswiderspruch“. Der SPD gehe es vor allem darum, an den Regelungen des BVFG festzuhalten. Man sei sich aber der Problematik bewusst und werde die Argumente des BdV sowie die umrissenen Auswege prüfen.
Zu den besprochenen Haushaltsfragen zählten etwa auch die aufgrund des Entwurfs für den Bundeshaushalt 2024 zu befürchtenden Kürzungen im Bereich der Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE), der Otto-Benecke-Stiftung (OBS) sowie der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB). Fabritius skizzierte die ebenso erprobte wie erfolgreiche Arbeit der MBE-Berater des BdV – gerade, aber nicht ausschließlich im Bereich der Spätaussiedler – und äußerte sein Unverständnis über Kürzungen in der Integrationsarbeit angesichts steigender Zuwanderung. Auch bewährte Programme zur akademischen Nachqualifizierung oder Angebote zur politischen Bildung sollten aus diesem Blickwinkel eher gestärkt werden. In der Antwort der SPD-Abgeordneten blitzte vorsichtiger Optimismus auf. Nachdem die Bundesinnenministerin Nancy Faeser schon am Vortrag im Plenum eine nochmalige Beurteilung der Haushaltsansätze und etwaige Umschichtungen angekündigt hatte, äußerten sich die Gesprächspartner aus der Fraktion im Austausch mit dem BdV ähnlich.
Abschließend wurde der Härtefallfonds für Spätaussiedler, jüdische Kontingentflüchtlinge und Härtefälle aus dem Rentenüberleitungsprozess angesprochen. Der BdV-Präsident erklärte, es sei schon als Geste wichtig, dass dieser Fonds auf den Weg gebracht wurde, auch wenn die Umsetzung wohl mit einem nochmaligen Kompromiss zur finanziellen Ausgestaltung verbunden war. Der BdV habe sich zuletzt im Beirat mit nahezu sämtlichen Beteiligten für eine Verlängerung der Antragsfrist um sechs Monate ausgesprochen. Leider werde mit dem Fonds die vorhandene Altersarmut bzw. die Gefahr einer Ausweitung im Personenkreis jedoch nicht gelindert. Auch im Hinblick auf eine Würdigung der Lebensleistung der Aussiedler und Spätaussiedler habe der BdV bereits mehrfach sachgerechte Vorschläge zu Korrekturen des Fremdrentengesetzes (FRG) präsentiert, die mit geringem Aufwand eine positive Wirkung entfalten könnten.
„Wir wollen keine Altersarmut“, war der deutliche Kommentar der Abgeordneten zur beschriebenen Situation. Der Härtefallfonds sei ein Erfolg, dennoch wolle man gern den konstruktiven Austausch fortsetzen und auch über die Alterssicherung der Aussiedler und Spätaussiedler im Gespräch bleiben.