Studie zur NS-Vergangenheit des Gründungspräsidiums des BdV schafft Klarheit

Zu der vom Institut für Zeitgeschichte herausgegebenen Studie von Michael Schwartz „Funktionäre mit Vergangenheit“ zum Gründungspräsidium des BdV und dessen politischen und militärischem Verhalten im „Dritten Reich“ erklärt BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB:

Ich begrüße, dass nunmehr infolge des durch den BdV im Oktober 2007 in Auftrag gegebenen Gutachtens eine umfassende Studie über die NS-Belastung der früheren Präsidiumsmitglieder unseres Verbandes vorliegt.

Darin wird für mich wenig überraschend deutlich, dass eine überwiegende Anzahl der damaligen Präsidialmitglieder in sehr unterschiedlicher Weise in das NS-Regime eingebunden oder durch eigene NS-Aktivitäten belastet war. Wir haben durch diese Studie mehr über sie erfahren.

Wie ist dieser hohe Anteil zu erklären?

Ein Millionenheer an Entwurzelten versuchte verzweifelt wieder Grund unter die Füße zu kriegen. Organisationsstrukturen dafür gab es nicht. So ist erklärlich, dass es Männer mit zuvor gesammelter organisatorischer Erfahrung waren, die das Heft in die Hand nahmen.

Ganz offenkundig hat sich aber auch diese erste Verbandsspitze des BdV engagiert in unsere Demokratie eingebracht. An der Eingliederungs- und Lastenausgleichsgesetzgebung hat der BdV maßgeblich mitgewirkt.

Alle BdV-Präsidenten waren Mitglieder des Deutschen Bundestages. Sie gehörten entweder CDU, SPD oder CSU an.

Die Präsidenten, die unseren Verband besonders geprägt haben, waren der vom Nationalsozialismus verfolgte sudetendeutsche Sozialdemokrat Wenzel Jaksch und der Christdemokrat Herbert Czaja, der erwiesenermaßen in Opposition zum nationalsozialistischen Regime stand. Er weigerte sich, der NSDAP beizutreten. Von ihm wurde der Verband 24 Jahre geführt.

Viele Säulenheilige des deutschen Nachkriegsgeisteslebens wie Günter Grass oder Walter Jens müssen inzwischen mit ihrer nicht ganz so lupenreinen Vita leben, die sie uns vorgespielt haben. Trotzdem trugen sie nach 1945 Wesentliches zu unserer demokratischen Kultur bei.

Es gab 8,5 Millionen Mitglieder der NSDAP.

Wir wissen heute, dass quer durch alle Gesellschaftsschichten, alle Ebenen der Wirtschaft, Verwaltung, Justiz, Medien und Politik ehemalige Mitglieder der NSDAP Einfluss hatten.

Das traf auch auf die DDR zu, die anderen stets deren ehemalige Nationalsozialisten vorwarf, selbst Stalinistische Mordpolitik betrieb aber die eigenen Protagonisten unterschlug.

Noch 1958 war ein Drittel der Mitarbeiter in der DDR-Verwaltung ehemals Mitglied der NSDAP und selbst die SED hatte 1949 noch 25 Prozent ehemalige NSDAP-Mitglieder in ihren Reihen.

Ich danke dem Institut für Zeitgeschichte für die sehr umfangreiche und akribische Recherche und dem Bundesministerium des Innern für die Förderung.

Eines ist aus heutiger Sicht besonders bemerkenswert:

Trotz des erheblichen Anteils dem Nationalsozialismus mehr oder weniger verbundener Führungskräfte im ersten BdV-Präsidium und einer bereits von Herbert Czaja für die Frühzeit der Vertriebenenverbände festgestellten deutschnationalen und zum Teil nationalsozialistischen Grundbeeinflussung fanden vom Nationalsozialismus geprägtes Gedankengut oder extremistische Strömungen keinen Eingang in die Verbandspolitik des BdV.

Die Arbeit des BdV war von Anbeginn von dem Willen geprägt „… jedes Beginnen mit allen Kräften [zu] unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können. Wir werden durch harte, unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau Deutschlands und Europas“.

Dieses Postulat der Charta der Heimatvertriebenen hat die Arbeit des BdV bis heute geprägt und bestimmt.