Symbolträchtige Begegnung in Würzburg

Am 13. März 2015 hatte der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt den Kreisverband Unterfranken des Bundes der Vertriebe­nen unter dem Leitwort „Nie wieder Krieg und Vertreibung“ zu einem Empfang in den Ratssaal seines Amtssitzes eingeladen. Die Festrede hielt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB. Unter den zahlreichen Gästen war auch der wie Fabritius seit November 2014 amtierende Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland Dr. Josef Schuster.

Schuchardt, der mütterlicherseits aus Ostpreußen stammt, lobte die Vertriebenen für ihren „großen Anteil am Wiederaufbau“ Würzburgs und „am Aufschwung des gesamten öffentlichen Lebens“, aber auch für ihre Rolle als Brückenbauer in ihre Heimatgebiete. Ihre Ein­gliederung in die Nachkriegsgesellschaft, sei auch durch eigene Anstrengung zu einer „einzigartigen Erfolgsgeschichte“ geworden. Gerade vor diesem Hintergrund sei es wichtig, auch den heutigen Flüchtlingen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Dies gebiete schon die „Nächstenliebe, die zum Wesenskern des christ­lichen Abendlandes“ gehöre.

Ähnlich argumentierte BdV-Präsident Fabritius, dem es ein persön­liches Anliegen war, die Arbeit aller BdV-Mitglieder zu würdigen, die sich vor Ort für die Einhaltung sämtlicher Menschenrechte und für Verständigung engagieren. Dabei betonte er die Schicksals­verbunden­heit, die durch den gewaltsamen Heimatverlust und das Gefühl, nicht willkommen zu sein, trotz aller Unterschiede in Herkunft, Sprache und Religion zwischen den deutschen Heimat­vertriebenen und den heutigen Flüchtlingen existiert. Aus eigener Erfahrung wisse der BdV, dass Flüchtlingsschutz „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ ist, „die nur über Dialog, Begegnung und breite Diskussion die notwendigen politischen Antworten liefern kann“, so Fabritius. Besonders wichtig sei es, sämtliche Ursachen von Flucht und Vertreibung weltweit zu bekämpfen. Auch „Antisemitismus jeglicher Couleur darf nie wieder Fluchtbewegungen auslösen, nirgendwo auf der Welt und schon gar nicht in Deutschland“, erklärte Fabritius mit Blick auf die in Frankreich zu beobachtende Auswanderung von Juden nach Israel und die deutsche Verantwortung für den Holocaust.

Im Anschluss an die Reden kam es zu einem Gespräch zwischen dem Präsidenten des Zentralrates der Juden und dem Präsidenten des Bundes der Vertriebenen. Dr. Josef Schuster und Dr. Bernd Fabritius freuten sich, einander kennenzulernen, und zeigten großes Interesse am Arbeitsbereich des jeweils anderen. Beide kommentierten das Gespräch sehr positiv.

Dr. Fabritius sagte dazu: „Ich danke Oberbürgermeister Christian Schuchardt dafür, dass er den Rahmen für diese symbolträchtige Begegnung und den angenehmen Austausch mit Dr. Schuster geschaffen hat. Ich würde es begrüßen, wenn wir in einen fortwährenden Dialog miteinander treten könnten.“

Dr. Schuster sprach sich ebenfalls für einen Dialog aus und dankte Dr. Fabritius für dessen klares Eintreten gegen Antisemitismus. Es sei zu begrüßen, dass der BdV vor dem Hintergrund der historischen Erfahrung auch die aktuelle Flüchtlingsproblematik in den Blick nehme. „Auch 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und nach der Shoa müssen Menschen ihre Heimat verlassen und vor Krieg und Verfolgung fliehen. Das dürfen wir nicht einfach hinnehmen“, sagte der Zentralratspräsident.

Im Gespräch (v.l.n.r.): Dr. Bernd Fabritius MdB, Christian Schuchardt und Dr. Josef Schuster (Foto: Rudi Merkl, © BdV).