Vor 70 Jahren, am 5. Juni 1953, trat das Bundesvertriebenengesetz (BVFG) in Kraft, nachdem es zuvor am 22. Mai in der Fassung vom 19. Mai im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde. Es gilt als Abschluss der westdeutschen Vertriebenengesetzgebung nach dem Zweiten Weltkrieg und als wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zu sozialer und wirtschaftlicher Gleichstellung.
„Die Vertriebenengesetzgebung insgesamt, aber insbesondere das Bundesvertriebenengesetz ist die konsequente politische Umsetzung dessen, was bereits in der Charta der deutschen Heimatvertriebenen von 1950 als Forderungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu ihrer Eingliederung in die Nachkriegsgesellschaft enthalten ist“, erklärt der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Dr. Bernd Fabritius, zu diesem Anlass.
„Dies wurde maßgeblich dadurch möglich, weil die Vertriebenen selbst diesen Weg und somit auch die Gesetzgebung entscheidend mitgestalten konnten“, so Fabritius weiter. „Sie nahmen als Binnenvertriebene ihre staatsbürgerlichen Rechte wahr, engagierten sich in Interessensverbänden und beteiligten sich an der politischen Willensbildung, auch in Parteien“, erinnert der BdV-Präsident. Damit hätten die Vertriebenen großen Anteil an Deutschlands Weg in eine sichere und friedliche Zukunft.
Kulturparagraf mit herausgehobener Rechtsqualität
Große Weitsicht sei damals mit der Aufnahme des sogenannten Kulturparagrafen 96 bewiesen worden. Dessen Aufträge laut Gesetzestext sind der Kulturerhalt „im Bewusstsein des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes“, die wissenschaftliche Erforschung sowie die „Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge“ und haben im Laufe der Jahrzehnte immer größere Relevanz erhalten.
„Es gab gute Gründe dafür, dass gerade diese Inhalte 1990 sogar in den Einigungsvertrag eingeflossen sind, zumal eine Übertragung von Kriegsfolgengesetzen auf die neuen Länder ansonsten nicht erfolgte“, so Fabritius. „Dadurch erhielt die Sicherung, Erforschung und Fortentwicklung unseres Kulturerbes nochmals eine hausgehobenere Rechtsqualität sowie eine besondere Bestandskraft. Für uns als BdV ist es daher wichtig, dass der Bund und sämtliche Bundesländer dieser gesetzlichen Verantwortung vollumfänglich nachkommen und die Arbeit auch in Krisenzeiten angemessen fördern.“
Aufnahme und Eingliederung bleibt Zukunftsaufgabe
Insgesamt sei die Geschichte des Bundesvertriebenengesetzes auch deswegen eine Erfolgsgeschichte, weil der Gesetzgeber es – oft auf Ratschlag des BdV und seiner Mitglieder hin – immer wieder wechselnden Gegebenheiten angepasst habe.
„Wie wichtig dieser stete Austausch ist, zeigt sich aktuell in der Aufnahme und Eingliederung der Aussiedler und Spätaussiedler. Im Dialog mit dem Bundesinnenministerium und dem Bundesverwaltungsamt ist es uns gelungen, Fehlentwicklungen zu thematisieren und eine nochmalige Änderung des Bundesvertriebenengesetzes anzuregen, um das Problem des sogenannten ‚Gegenbekenntnis‘ zu lösen. Diese Gesetzesänderung muss und soll bald kommen. Im Dialog ist deutlich geworden, dass die Bundesregierung an der Verantwortung für das Kriegsfolgenschicksal festhält. Das Tor nach Deutschland für unsere Landsleute muss offenbleiben!“
Abschließend erinnert der BdV-Präsident an Bundeskanzler Willy Brandt, der das BVFG seinerzeit mit folgenden Worten besonders gewürdigt hatte: „Unser Staat und unsere Wirtschaft stünden nicht dort, wo sie heute stehen, wenn ihnen nicht so starke Kraftströme durch die vertriebenen Landsleute zugeflossen wären. Unsere Demokratie wäre nicht krisenfest, wenn sie nicht von den Vertriebenen und Flüchtlingen mitgestaltet und mitgetragen würde.“
„Dem ist auch aus heutiger Sicht nichts hinzuzufügen“, so BdV-Präsident Bernd Fabritius.