Zukunftssichere Förderung für Vertriebene, Aussiedler und deutsche Minderheiten

Entschließung der Bundesversammlung des Bundes der Vertriebenen am 27. August 2021

Im Hinblick auf die am 26. September 2021 bevorstehende Bundestagswahl fordert die Bundesversammlung des Bundes der Vertriebenen sämtliche zur Wahl stehenden Partei­en auf, die Anliegen der deutschen Heimatvertriebe­nen, Flüchtlinge, Aussiedler und Spät­aussiedler und ihrer Verbände als Teil der bundesdeutschen Gesellschaft sowie der deutschen Minderheiten in deren Heimat­gebieten weiterhin in ihrer politischen Arbeit zu berücksichtigen bzw. diese mit in ihre politische Arbeit einzubeziehen.

Siedlungs- und Schicksalsgeschichte der Deutschen in Ostmittel, Ost- und Südosteuropa sowie Flucht und Vertreibung der Deutschen aus den historischen deutschen Ost- und Siedlungsgebieten und die aus diesem Gesamtkomplex erwachsenen politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge sind ein prägender Teil unserer gesamtdeutschen Geschichte und Erinnerungslandschaft. Der erinnerungs- und der grenzüberschreitende verständigungs­politische Einsatz sowie der lebendige Kultur­erhalt durch die Kulturträger und ihre Verbände, durch nachkom­mende Generationen und durch eine Vielzahl an Menschen, die sich diesem kulturellen Erbe aus Über­zeugung verpflichtet fühlen, sind daher gesamt­gesellschaftlich relevante Anliegen, die eine zukunfts­sichere Förderung benöti­gen.

Gerade die Bundesförderung der Vertriebenen-Kulturarbeit nach § 96 des Bundesvertrie­benen- und Flücht­lings­gesetzes hat daran einen wesentlichen Anteil. Hier gilt es, den partizipativen Ansatz weiter zu stärken sowie sämtlichen geförderten Institutionen, ins­besondere der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, eine dauerhafte Perspektive zu bieten. Kultur- und Erinnerungsarbeit muss in ihrer gesamten Vielfalt, von den zentra­len Erinnerungsorten hervorgehobener Relevanz bis hin zu den lokalen Kleingruppen vor Ort, Wertschätzung und Förderung erfahren. Dezentrale Strukturen sind ein wesentliches Merkmal in der Arbeit der deutschen Vertriebenen und ihrer Verbände.

Angesichts der besonderen Geschichte und des Kriegsfolgenschicksals der Russland­deutschen müssen zukünftige Bundesregierungen auch an der gesetzlich garantierten Aufnahme von Spätaussiedlern festhalten. Diese Volksgruppe wurde vor 80 Jahren, nach dem Überfall der Nationalsozialisten auf die Sowjetunion, aufgrund ihrer Volkszugehörig­keit unter Generalverdacht gestellt und stellvertretend in Haftung genommen. Hundert­tausende haben durch Verbannung und Deportation, Trudarmee und Zwangsarbeit auf­grund des sogenannten Stalin-Erlasses bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat und vielfach ihr Leben verloren. Bis heute wirken diese Ereignisse nach, zumal die Russ­landdeutschen von Russland nach wie vor nicht vollständig rehabilitiert wurden.

 

Bis heute nutzen Jahr für Jahr viele Russlanddeutsche die Möglichkeit, als Spätaus­sied­ler und somit als Deutsche nach Deutschland zu übersiedeln. Mit ihrer Einglie­derungs­bereitschaft, ihrem Fleiß und ihren Familienstrukturen sind sie ein wirtschaft­licher, kultu­reller und demografischer Gewinn für unser Land. Daher ist es ein Gebot der Gerechtig­keit, rentenrechtliche Benachteiligungen endlich zu beseitigen und gesetzliche Regelun­gen dahingehend zu verbessern, dass auch Aussiedlern und Spätaussiedlern in Deutsch­land trotz langer und harter Erwerbsbiografien beim Renteneintritt nicht auto­matisch Grund­sicherung und Altersarmut drohen. Darüber hinaus brauchen die zu uns Kommen­den eine verlässliche Zusage, dass sie auch weiterhin in ihrem Bemühen unter­stützt werden, in Deutschland heimisch zu werden.

Eine besondere Verpflichtung hat Deutschland außerdem für deutsche Minderheiten in unseren östlichen Nachbarländern sowie in den Nachfolge­staaten der Sowjetunion. Die dort lebenden Deutschen sind das verständigungspolitische Gegenstück zu den Vertrie­benen und Spätaussiedlern in Deutschland und natürliche Erben einer oft jahr­hunderte­alten Kultur- und Siedlungsgeschichte. Daher ist es uns wichtig, dass diese Minderheiten weiterhin in ihrem Sprach- und Kulturerhalt gefördert und stärker in die Auswärtige Kulturpolitik einbezogen werden.

In all diesen Anliegen war und ist das Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Aus­siedlerfragen und nationale Minderheiten stets ein wichtiger und kompetenter An­sprech­partner. Daher setzen wir uns für den Fortbestand und die Stärkung dieses Amtes ein.