Zum 25. Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages am 17. Juni 2016 erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB:
Mit der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages vor 25 Jahren wurde eine wichtige Grundlage für Frieden in Europa und der Welt geschaffen. Dem in großen Teilen der deutschen und polnischen Zivilgesellschaft schon viele Jahre zu beobachtenden Einsatz für Verständigung und Versöhnung wurde durch diesen Vertrag ein offizieller Rahmen gegeben.
Der Vertrag bestärkte Menschen auf beiden Seiten darin, ihren ohnehin begonnenen Dialog zu intensivieren und beförderte damit den Beitrag beider Völker zur Sicherung des Friedens in Europa. Auch vorhandene Enttäuschungen über manche Formulierung und einige nicht geregelte Fragen sind weitgehend überwunden.
In diesem zivilgesellschaftlichen Prozess waren, sind und bleiben die deutsche Volksgruppe in Polen, die Polen in Deutschland und gerade auch die deutschen Heimatvertriebenen und Aussiedler aus den heute polnischen Gebieten ganz natürliche Brücken zwischen den Ländern. Die deutschen Heimatvertriebenen haben frühzeitig durch die Charta der Heimatvertriebenen die Hand zur Versöhnung gereicht und den beherzten Willen zum Einsatz für ein freies und geeintes Europa bekräftigt, in dem alle Völker ohne Furcht und Zwang leben können. Ihr Engagement für dieses Ziel ist Teil eines inzwischen festen Fundaments und als solches auch zukünftig unabdingbar. Daher verdient es Anerkennung, Unterstützung und Förderung.
Umso bedauerlicher ist es, dass die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag eine bereits mit der CDU/CSU-Fraktion abgestimmte Entschließung des Deutschen Bundestages zu diesem Jubiläum, in der auch der Beitrag der dem Friedens- und Verständigungsgedanken ihrer Charta verpflichteten Heimatvertriebenen Anerkennung gefunden hatte, deswegen nun nicht mehr mittragen möchte. Gerne hätte ich in einer Debatte zu der Entschließung auch die Zauderer in anderen Fraktionen vom Versöhnungscharakter unserer Arbeit wie auch der Charta der deutschen Heimatvertriebenen überzeugt und so zum Abbau zu lange schon gepflegter und längst überholter Feindbilder beigetragen.
Das Zusammenspiel aller, im Detail vielleicht auch kritikwürdiger Bausteine der Verständigungsarchitektur im Nachkriegseuropa, von denen nur beispielhaft der Hirtenbrief der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder, die Ostdenkschrift der EKD, aber eben auch die Charta der deutschen Heimatvertriebenen und letztlich auch der in diesem Jahr besonders zu würdigende Nachbarschaftsvertrag genannt seien, hat einen zivilgesellschaftlichen Einsatz bewirkt und dazu beigetragen, dass sich Deutsche und Polen heute insbesondere auf kommunaler Ebene unvoreingenommener und empathischer begegnen. Im Gespräch von Mensch zu Mensch kommen auch die dunkelsten Kapitel der jeweils eigenen Geschichte wahrheitsgemäß auf den Tisch, werden Schicksalsverwandtschaften entdeckt und Verbindungen gepflegt.
Darum bin ich sicher, dass diese „Demokratie von unten“ letztlich den Weg dafür bereitet, sich auch auf höchster Ebene im offenen Dialog weiter anzunähern, historische Vorgänge wahrheitsgemäß zu bezeichnen und Geschichte nicht immer wieder einseitig darzustellen.