Zum 80. Geburtstag von Bundesinnenminister a.D. Otto Schily am 20. Juli 2012 übersandte BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB folgendes Gratulationsschreiben:
Sehr geehrter Herr Bundesminister,
lieber Herr Schily,
zu Ihrem bevorstehenden Geburtstag am 20. Juli 2012 ist es mir ein Bedürfnis, Ihnen nicht nur die herzlichsten Glückwünsche unseres gesamten Verbandes zu überbringen, sondern Ihnen auch herzlich Danke zu sagen für alles, was Sie für die Heimatvertriebenen geleistet haben.
Für das kommende Lebensjahr und noch viele weitere, wünsche ich Ihnen Gesundheit, Glück und Erfolg. Als Bundesinnenminister waren Sie für unsere Anliegen zuständig. Über diese Aufgabe hinaus, die Sie mit großer Sachlichkeit und Fairness uns gegenüber wahrgenommen haben, sind Sie engagiert für einen konstruktiven Dialog zwischen der Sozialdemokratie und den Vertriebenen eingetreten.
In einer politischen Eiszeit, in der der Dialog der SPD mit den Vertriebenen nahezu zum Erliegen gekommen war, haben Sie zu einer Klimawende beigetragen und das Gespräch mit uns belebt. Heute gibt es wieder den Dialog mit allen politischen Parteien. Ihr Umgang mit unserem Schicksal war dabei von einer Aufrichtigkeit geprägt, die unseren Mitgliedern wohl getan hat. In Ihrer Rede zum Tag der Heimat im Jahr 2005 stellten Sie in Bezug auf das Kriegsende und die Vertreibung der Deutschen fest: „Unbestreitbar waren in diesem Sinne die Vertreibungen eine Folge des Krieges, den Deutschland begonnen hatte – eine von den Siegermächten politisch gewollte Folge, aber keineswegs eine zwangsläufige und erst recht keine rechtlich oder moralisch zu rechtfertigende Folge. Die Vertreibung von Millionen unschuldiger Menschen, von Frauen und Kindern, Alten und Kranken, lässt sich nicht durch die Verbrechen eines terroristischen Regimes rechtfertigen.“
Im Berliner Dom fanden Sie 1999 in Ihrer ersten Rede als Bundesinnenminister in einer noch sehr angespannten Atmosphäre vor den Repräsentanten des BdV deutliche Worte, als Sie erklärten:
„Die politische Linke hat in der Vergangenheit, das lässt sich leider nicht bestreiten, zeitweise über die Vertreibungsverbrechen, über das millionenfache Leid, das den Vertriebenen zugefügt wurde, hinweggesehen, sei es aus Desinteresse, sei es aus Ängstlichkeit vor dem Vorwurf, als Revanchist gescholten zu werden. Oder sei es in dem Irrglauben, durch Verschweigen und Verdrängen eher den Weg zu einem Ausgleich mit unseren Nachbarn im Osten zu erreichen. Dieses Verhalten war Ausdruck von Mutlosigkeit und Zaghaftigkeit. Inzwischen wissen wir, dass wir nur dann, wenn wir den Mut zu einer klaren Sprache aufbringen und der Wahrheit ins Gesicht sehen, die Grundlage für ein gutes und friedliches Zusammenleben finden können.“
Ihre selbstkritischen, politisch mutigen Aussagen haben dazu beigetragen, dass das Bild der deutschen Heimatvertriebenen im öffentlichen Bild der Bundesrepublik an Einseitigkeit verloren hat.
Es ist darum zu einem erheblichen Teil auch Ihr Verdienst, dass in Folge eine rege Diskussion über Leid und Schicksal der Heimatvertriebenen in unserem Land geführt werden konnte.
Dies war auch Ausdruck Ihrer Devise, dass man zwar nicht immer einer Meinung sein, wohl aber miteinander reden müsse. Dabei müsse man sich stets selber überprüfen, ob man für den Anderen auch genügend Empathie hat.
Diese Bereitschaft zum Dialog wusste und weiß der Bund der Vertriebenen sehr zu schätzen. Im Jahr 2003 wurden Sie für Ihre Rede im Berliner Dom mit der Wenzel-Jaksch-Medaille ausgezeichnet.
Als der BdV Ihnen im Jahr 2009 seine höchste Auszeichnung, die Ehrenplakette verlieh, wiesen Sie darauf hin, dass Sie Deutschland noch geistig, physisch und seelisch in Trümmern gesehen hätten und Sie somit sehr wohl nachvollziehen könnten, worum es beim Thema Flucht und Vertreibung seinem Wesen nach gehe.
Darauf einerseits mahnend aufmerksam zu machen und gleichzeitig die Leistungen der Heimatvertriebenen und deren positive Folgen für den Aufbau Deutschlands als beispielhaft lobend herauszustellen, war eines Ihrer großen Verdienste.
Ich habe gerne und vertrauensvoll mit Ihnen zusammengearbeitet.
Mögen Sie uns noch viele Jahre in guter Gesundheit erhalten bleiben.
Gottes Segen möge Sie begleiten.
Ihre
Erika Steinbach MdB