Entschließungen der Bundesversammlung 2011

Die Bundesversammlung hat am 25. Oktober 2011 einstimmig gefordert, endlich das schwere Schicksal deutscher Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter anzuerkennen und die gesetzlichen Grundlagen für eine humanitäre Geste in Form einer Einmalzahlung zu schaffen.

Ebenso einstimmig hat die Bundesversammlung an die politisch Verantwortlichen appelliert, einen Nationalen Gedenktag zum Zeichen der Verbundenheit mit den deutschen Heimatvertriebenen und in Anerkennung ihres Beitrags zum Aufbau Deutschlands und zum friedlichen Miteinander in Europa einzurichten.

Eine weitere Entschließung zur Härtefallregelung für Deutsche aus Russland wurde ebenfalls einstimmig verabschiedet.

Die Entschließungen im Wortlaut:

Humanitäre Geste gegenüber deutschen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern

Das schwere Schicksal deutscher Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die als Zivilpersonen aufgrund ihrer Staats- und Volkszugehörigkeit durch fremde Staatsgewalt während des Zweiten Weltkriegs und danach zur Zwangsarbeit herangezogen wurden, stellt ein Sonderopfer dar, das über ein allgemeines Kriegsfolgenschicksal hinaus geht, aber bis zum heutigen Tag keine Würdigung und Anerkennung gefunden hat.

Eine Geste der Anerkennung für die Überlebenden der unmenschlichen und brutalen Haft- und Lagerbedingungen mit ihren dauerhaften seelischen und körperlichen Folgeschäden ist überfällig.

Schon in dem von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Jahre 2003 eingebrachten Antrag zur Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter, dem sich später auch die FDP angeschlossen hat, wird dies richtigerweise zum Ausdruck gebracht.

Jetzt müssen endlich Taten folgen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, das damalige Vorhaben wieder aufzunehmen und die gesetzliche Grundlage für eine humanitäre Geste in Form einer Einmalzahlung für alle diejenigen Personen zu schaffen, die als Opfer von Gewalt und Willkür zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Dabei sollen auch die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland noch lebenden betroffenen Deutschen einbezogen werden. Das hohe Alter der von der Verschleppung und Ausbeutung Betroffenen erfordert eine zügige Lösung.

„Nationaler Gedenktag“ zur Erinnerung an die Vertreibung

Zum Zeichen der Verbundenheit mit den deutschen Heimatvertriebenen und in Anerkennung ihres Beitrages zum Aufbau Deutschlands und zum friedlichen Miteinander in Europa ist es an der Zeit, einen „Nationalen Gedenktag“ einzurichten. Die Charta der deutschen Heimatvertriebenen, die feierlich am 5. August 1950 in Stuttgart verkündet wurde, war von zukunftsweisender Bedeutung. Ihre Botschaft trägt bis in die heutige Zeit. Deshalb wird ihrer alljährlich auf dem Tag der Heimat Anfang September gedacht.

In ihr haben sich die deutschen Heimatvertriebenen in einem beeindruckenden Akt der Selbstüberwindung für den Weg des Friedens und des Miteinanders entschieden. Schon damals haben sie ein einziges Europa nicht nur als Vision gesehen, die sich irgendwann durch irgendjemand erfüllt, sondern sie haben deutlich gemacht, dass sie selbst am Wiederaufbau Deutschlands und Europas aktiv „durch harte unermüdliche Arbeit“ mitwirken wollen. Die Botschaft von damals hat getragen bis heute. Aus keinem einzigen Satz, aus keiner Silbe dieser ersten gemeinsamen Deklaration der Heimatvertriebenen sprach Hass gegenüber den Nachbarvölkern. Im Gegenteil: „Wir werden jedes Beginn mit allen Kräften unterstützen, dass auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem Völker ohne Furcht und Zwang leben können.“ Wegweisend war auch der Hinweis „dass das Recht auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und verwirklicht werden solle“.

Die Charta war, ist und bleibt eine politische Willensbekundung der deutschen Heimatvertriebenen zum friedlichen Miteinander in Deutschland und Europa.

Bislang haben alle Bundesregierungen den Beitrag der deutschen Heimatvertriebenen zum Aufbau Deutschlands und Europas gewürdigt.

Der Bundesrat hat bereits in einer Entschließung vom 11. Juli 2003 die Forderung des BdV aufgenommen und die damals noch rot/grüne Bundesregierung aufgefordert, den 5. August eines jeden Jahres zum „Nationalen Gedenktag für die Opfer von Vertreibung“ zu bestimmen.

Diesen Gedanken haben die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP in einen Prüf- Antrag vom 15. Dezember 2010 aufgenommen, der am 10. Februar 2011 verabschiedet wurde.

Darin heißt es: „Anlässlich des 60. Jahrestages der Charta macht sich der Deutsche Bundestag die Worte des Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Lammert zu eigen: Die Charta der deutschen Heimatvertriebenen aus dem Jahr 1950 gehört zu den Gründungsdokumenten der Bundesrepublik Deutschland, sie ist eine wesentliche Voraussetzung ihrer vielgerühmten Erfolgsgeschichte. Die Charta ist deshalb von historischer Bedeutung, weil sie innenpolitisch radikalen Versuchungen den Boden entzog, außenpolitisch einen Kurs der europäischen Einigung und Versöhnung unter Einbeziehung der mittel- und osteuropäischen Nachbarn vorbereitete und wirtschafts- und gesellschaftspolitisch nicht nur die Integration von Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen, sondern über sie hinaus einen beispiellosen Wirtschaftsaufbau ermöglichte, der weltweit als ‚deutsches Wirtschaftswunder‘ Anerkennung gefunden hat.“

Deutsche aus Russland brauchen unsere Solidarität

Das schwere Schicksal der Deutschen aus Russland mit Deportation und Zwangsarbeit in der Trudarmee wirkt bis heute in den Familien fort. Es muss deshalb weiterhin pauschal anerkannt und die Aussiedlung der Russlanddeutschen in die Bundesrepublik Deutschland als Spätaussiedler auf der Grundlage des Bundesvertriebenengesetztes gewährleistet bleiben.

Die Bunderegierung hat als Zeichen der Solidarität mit und aus Verantwortung für das Schicksal der Rußlanddeutschen eine Härtefallregelung für die nachträgliche Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers durch das 9. Änderungsgesetz zum Bundesvertriebenengesetz beschlossen, um Härten durch Familientrennungen abzumildern. Der Bundestag hat nunmehr dieses Gesetz verabschiedet.

Die Bundesversammlung begrüßt diese Gesetzesregelung und fordert, diese durch die Verwaltung ohne bürokratische Hürden zügig umzusetzen. Die betroffenen Menschen warten schon seit Jahren auf eine familienfreundliche Regelung.

Die Integration von Spätaussiedlern ist ein langer Prozess, der mit dem Abschluss des Integrationskurses nicht beendet ist.

Die Bundesversammlung hält weitere Angebote zum Spracherwerb, zur Berufsqualifizierung und Anerkennung mitgebrachter Kompetenzen für dringend erforderlich, um den Menschen das Gefühl zu geben willkommen zu sein. Besonderes Augenmerk ist auf die junge Generation zu legen. Dabei sind Maßnahmen der Vertriebenenverbände, insbesondere von Organisationen der Russlanddeutschen zu fördern, weil sie besonders nah an den Betroffenen sind.