Im Anschluss an eine öffentliche Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth MdB, erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius:
Die Erinnerung an Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg, an ihre Eingliederung und ihre Aufbauleistungen, aber auch an ihren grenzüberschreitenden Brückenbau in Europa ist ein selbstverständlicher und eigenständiger Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur. Er hängt eng mit den Folgen der NS-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs zusammen.
Diesen Teil deutscher Geschichte einer „von Migration und Mobilität geprägten Gesellschaft“ zuzuordnen ist euphemistisch, weil damit historische und soziologische Unterschiede zur Einwanderung wie auch zu Fluchtbewegungen außerhalb Deutschlands ignoriert oder verwischt werden.
Der Bund der Vertriebenen erwartet daher, dass eine Debatte über die Erweiterung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes breiter geführt wird. Neben den bestehenden Themen NS-Diktatur und SED-Unrecht und den aktuell diskutierten Themen wie Kolonialismus, Migrationsgeschichte oder Demokratiebewegungen müssen auch Flucht und Vertreibung der Deutschen einbezogen werden. Hiervon ist bislang leider nichts zu hören oder zu lesen.
Dabei sind die Grundlagen vorhanden. Mit dem Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin etwa hat die Bundesregierung einer von breiter Basis der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler getragenen Ausstellungs- und Gedenkstätteninitiative eine Form gegeben. Die Schwerpunktsetzung in den zugrundeliegenden Arbeitskonzepten ist dazu geeignet, diesen zentralen Ort mit historischem Bezug als einen wichtigen Bestandteil der Gedenkstättenlandschaft des Bundes zu etablieren. Entscheidend hierfür ist jedoch, dass diese Konzepte nicht aufgeweicht und in die Richtung thematisch fremder, ebenfalls erinnerungswürdiger Bereiche wie der Migrationsgeschichte gerückt werden.
Insgesamt gilt es, die Unabhängigkeit der Gedenkstätten und der Orte der Erinnerungskultur vor ideologischer und politischer Einflussnahme aktiv zu schützen. Weiterentwicklungen und thematische Erweiterungen sind sensibel, transparent und in breiter Beteiligung der Träger, der Opfer- und Interessensverbände, der aktiven und engagierten Bürger sowie von Wissenschaft und Forschung zu gestalten. Sonst besteht die Gefahr einer staatlich gelenkten Geschichtsinterpretation und Erinnerungskultur.