Spekulationen des Bundesverwaltungsamtes zu einer neuen "Aussiedlerwelle" sind unverantwortlich

Zu den Berichten über ein internes Schreiben des für die Aufnahme von Spätaussiedlern zuständigen Bundesverwaltungsamtes erklärt die BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB:

Panikmache um den Zuzug von Spätaussiedlern nach Deutschland ist weder berechtigt noch angebracht. Seit Jahren sind die Zuzugszahlen rückläufig. So kamen 2012 nicht einmal 2000 Aussiedler zu uns. Auch die 10. Änderung des Bundesvertriebenengesetzes, die von Bundestag und Bundesrat im Juni und Juli beschlossen, aber noch nicht in Kraft gesetzt wurde, wird keine erneuten Zuzugsströme auslösen.

Das müsste auch das Bundesverwaltungsamt wissen und zwar besser als alle anderen. Umso mehr sind die in dem Schreiben geäußerten Erwartungen an eine neue „Aussiedlerwelle“ unverantwortlich. Objektiv kann derzeit niemand realistische Zuzugszahlen benennen.

Russlanddeutsche entscheiden individuell und situativ, ob sie ihr Leben als Deutsche in ihren Herkunftsgebieten fortsetzen oder nach Deutschland kommen. Für die Aufnahme von Spätaussiedlern gelten im Wesentlichen weiterhin die gleichen Voraussetzungen. Es ist zu hoffen, dass das Gesetz bald in Kraft tritt und getrennte Familien endlich zusammenführt.

Die  Änderung  war längst  überfällig, nachdem die schon 2011 beschlossene Härtefallregelung wegen des restriktiven Verwaltungshandelns bei der Antragsbearbeitung keine nennenswerte Verbesserung gebracht hatte. 

Mit der Änderung  hat der Gesetzgeber eine Regelung beschlossen, die getrennten Familien von Spätaussiedlern eine Chance auf ein gemeinsames Leben in Deutschland ermöglicht. Dies ist menschlich angemessen, denn viele ältere und kranke Spätaussiedler bedürfen  der Pflege und Fürsorge ihrer Kinder. Der Hilfe durch Dritte sind wegen der geringen Renten enge Grenzen gesetzt. Die Familie bietet den erforderlichen Zusammenhalt und entlastet zugleich die Pflegekassen. Eine Belastung der Rentenkassen ist sehr unwahrscheinlich, weil Abkömmlinge und Ehegatten von Spätaussiedlern, die jetzt nachträglich in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers einbezogen werden können, keinen Rentenanspruch nach dem Fremdrentengesetz erwerben. 

Wenige in Deutschland wissen, welchen Drangsalierungen die Deutschen in der Sowjetunion jahrzehntelang ausgesetzt waren. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 wurden sie wegen ihres Deutschtums in Kollektivhaftung genommen und aus dem europäischen Teil der UdSSR nach Sibirien und Mittelasien verbannt. Sie mussten jahrelang Zwangsarbeit leisten, der Gebrauch der deutschen Sprache sowie die Rückkehr an ihre früheren Wohnorte waren verboten. All dies wirkt in den Familien als Kriegsfolgenschicksal nach. Sie bedürfen nach wie vor unserer Solidarität.