Dr. Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland

Die Heimat zu verlieren, ja, mit Gewalt aus ihr vertrieben zu werden und nicht mehr in sie zurückkehren zu können: Das gehört zu den schlimmsten Erfahrungen in einem Leben.
Millionen Deutsche mussten diese Erfahrung machen, nach Ende eines verbrecherischen Krieges, der von Deutschland entfesselt worden und mit aller Wucht der Zerstörung nach Deutschland zurückgekehrt war. Es folgten Vertreibung und Flucht, oft ohne Vorbereitung, über Nacht, ohne zu wissen wohin.
Zurück blieben nicht nur Wohnung und Eigentum, zurück blieben Erinnerungen und ein unwiederbringliches Gefühl des Zuhauseseins. Zurück blieb, von einem auf den anderen Tag, eine ganze Kultur, eine Art des Miteinanderseins, der Lebensweise und der von alters her überlieferten Bräuche und Gewohnheiten.
Es war für die Vertriebenen und die zur Flucht Gedrängten schwer, eine neue Heimat zu finden und sich in ihr einzurichten. Dass das im Großen und Ganzen friedlich und ohne das Bedürfnis nach Vergeltung geschah, ist nicht genug anzuerkennen und auch jetzt noch, viele Jahre später, zu loben. Umso mehr, als wir heute wissen, dass die Geflüchteten und Vertriebenen in ihrer neuen Umgebung keineswegs mit offenen Armen empfangen worden sind. Ihre neue Heimat mussten sie sich mit großen Mühen und Anstrengungen – und oft genug unter Trauer und Tränen – erschaffen.
Schon sehr früh nach dem Krieg haben die Heimatvertriebenen mit ihrer Charta auch ganz offiziell einen Verzicht auf Rache oder Vergeltung erklärt. Sie haben damit nicht nur ihren Beitrag zum inneren Frieden im Nachkriegsdeutschland geleistet. Sie haben auf ihre Weise ganz persönlich die Konsequenzen einer Schuld auf sich genommen, die das ganze Volk auf sich geladen hatte. Und sie haben mit der Charta letzten Endes auch dazu beigetragen, dass – unter anderem mit den Ostverträgen der sozialliberalen Koalition nach 1969 – der Weg zur Versöhnung mit den polnischen Nachbarn und zum friedlichen Zusammenleben mit den Völkern der damaligen Sowjetunion sich öffnete.
Als Bundespräsident möchte ich heute meinen Dank und meine Anerkennung aussprechen: für die Charta, die vor siebzig Jahren formuliert wurde – und für den von ihr inspirierten und geprägten Geist, der viele Heimatvertriebene in den ganzen Jahren seither geleitet hat. Dass wir in Europa heute in Frieden leben: das ist auch das Verdienst der Charta der Heimatvertriebenen, und das Ergebnis eines langen Weges von Annäherung, Verständigung und Versöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern. Dafür können und müssen wir alle in Deutschland dankbar sein.
Dr. Angela Merkel
Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland

Vor 75 Jahren endeten der von Deutschland im Nationalsozialismus entfesselte Zweite Weltkrieg und der Zivilisationsbruch der Shoa. Nach dem Kriegsende verloren zugleich aber auch viele Menschen ihre Heimat und erlitten Flucht, Vertreibung, Willkür und Gewalt. Aus dieser Erfahrung erwuchs die Erkenntnis, dass nur Verständigung und Versöhnung den Weg hin zu einem friedlichen und geeinten Europa bereiten könnten.
Besonderer Ausdruck dessen ist die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ von 1950. Sie ist weit mehr als ein Dokument der Zeitgeschichte. Diese Charta gilt völlig zu Recht als Grundgesetz der Heimatvertriebenen, formuliert sie doch umfassende Erwartungen an eine gerechte und gleiche Behandlung aller Menschen in Deutschland und Europa. Daher sind ,,70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ ein Jubiläum, zu dem ich von Herzen gratuliere.
Im vergangenen Jahr haben wir den 70. Geburtstag unseres Grundgesetzes gefeiert – einer Verfassung, die wie keine andere in unserer Geschichte für politische Stabilität, wirtschaftlichen Erfolg und sozialen Frieden steht. Niemand von uns konnte im letzten Jahr ahnen, dass nur wenige Monate später die in diesem Grundgesetz festgeschriebenen Werte und Freiheitsrechte durch die weltweite Ausbreitung eines Virus auf eine nie zuvor erlebte Bewährungsprobe gestellt würden. Das Coronavirus ist eine demokratische Zumutung. Und zugleich müssen sich unsere Verfassung und unsere Demokratie gerade in Krisenzeiten bewähren. Gleiches gilt für den Zusammenhalt in Europa.
Natürlich sind die Herausforderungen heute mit denen im Nachkriegseuropa vor 70 Jahren nicht zu vergleichen. Aber wir sollten nie vergessen, dass den deutschen Heimatvertriebenen bereits bei der Unterzeichnung ihrer Charta am 5. August 1950 in Bad Canstatt der unschätzbare Wert eines geeinten Europas bewusst war. Damals wie heute gilt, dass gemeinsame Aufgaben sich gemeinsam am besten bewältigen lassen. Mit dieser Zuversicht und Überzeugung machten sich die deutschen Heimatvertriebenen daran, Deutschland wiederaufzubauen und daran mitzuwirken, dass unser Land seinen Platz als anerkannter und verlässlicher Partner in der Staatengemeinschaft finden konnte.
Diese Leistung und dieses in ihrer Charta anklingende Vertrauen der Heimatvertriebenen in Völker und Menschen, die guten Willens sind, gemeinsam an einer guten Zukunft zu arbeiten, sind uns auch in der heutigen Zeit mit ihren eigenen Herausforderungen eine Quelle der Inspiration. Dafür bin ich von Herzen dankbar.
Horst Seehofer
Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat

Liebe Landsleute,
wenn wir in diesen turbulenten und krisengeschüttelten Zeiten unser Land als einen europa- und weltweiten Stabilitätsanker mit einer gefestigten Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Wohlstand sehen , dann ist dies auch der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen „ zu verdanken , deren 70. Entstehungsjahr wir begehen.
Bereits ein Jahr nach der Gründung der Bundesrepublik schrieb die Charta Geschichte: mit dem Verzicht auf „Rache und Vergeltung“, vor allem aber mit dem Bekenntnis zur „Schaffung eines geeinten Europas“, in dem „die Völker ohne Furcht und Zwang leben können“. Sie war ein Dokument von enormer Wirkung und Tragweite. Mit Fug und Recht kann man sie als eines der wertvollsten Dokumente der deutschen Nachkriegszeit bezeichnen.
Einfache, menschliche und aufrichtige Worte entsprangen dem Herzen ihrer Verfasser, die noch die Schrecken der Katastrophe des verlorenen Krieges in sich trugen und selbst Hunger, Not und Elend erlitten hatten. Aus den Zeilen der Charta sprechen der Schmerz der entwurzelten Vertriebenen , die Sehnsucht nach der Heimat, die ihnen gewaltsam genommen wurde, aber auch die Hoffnung auf Frieden und Versöhnung in Europa und der feste Gestaltungswille für die Zukunft.
Wie die Präambel des Grundgesetzes trägt die Charta den Geist der christlichen Verantwortung und der Nächstenliebe. Sie ist ein historisches Zeugnis der modernen deutschen Demokratie. Sie ist ein Zeichen der Solidarität und des Willens nach Versöhnung.
Das 70-jährige Bestehen der Charta ist für mich Anlass, die Lebensleistung aller Vertriebenen zu würdigen, die im Laufe der Nachkriegsjahrzehnte mit ihrem Mut und Pioniergeist unsere Heimat mit aufgebaut haben. Die Selbstverpflichtungen der Charta sind verwirklicht worden. Denn es ist ein Verdienst der Erlebnisgeneration, dass wir heute in einem demokratischen, rechtsstaatlichen und wohlhabenden Deutschland innerhalb eines freien, geeinten und friedlichen Europa leben.
Liebe Landsleute, Sie leben mit Ihrem Einsatz für Verständigung und Versöhnung, mit Ihrer Heimatverbundenheit, die Werte und Ziele der Charta vor. Als für die Vertriebenenpolitik zuständiger Bundesminister danke ich Ihnen dafür!
Dr. Wolfgang Schäuble
Präsident des Deutschen Bundestages
Winfried Kretschmann
Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg

Der Tag der Heimat steht in diesem Jahr unter besonders festlichen Zeichen: Der Bund der Vertriebenen feiert „70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen“. Zu diesem besonderen Jubiläum übermittle ich dem Bund der Vertriebenen und all seinen Mitgliedern meine herzlichen Glückwünsche aus Baden-Württemberg.
8. Mai 1945: Das Ende des zweiten Weltkrieges und der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten. Als Tag der Befreiung und Hoffnung galt dieser Tag allerdings nicht für alle Menschen. Viele verloren ihre Liebsten, ein Dach über dem Kopf, ihr ganzes Hab und Gut. Betroffen waren davon vor allem auch Millionen von Deutschen aus Mittel-, Ost- und Südeuropa: Sie waren zur Flucht gezwungen, ohne Perspektive, auf dem Weg in die Heimat ihrer Vorfahren.
In ihrer neuen Heimat haben die Vertriebenen großen Mut und Engagement gezeigt, um sich in die Gesellschaft zu integrieren und sich den Respekt und die Anerkennung der Menschen zu erarbeiten.
Als bedeutendstes Zeugnis für den Einsatz der Vertriebenen für ein friedliches Miteinander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gilt die am 5. August 1950 unterzeichnete Charta der Heimatvertriebenen. Die Charta ist ein Bekenntnis zur Schaffung eines freien, vereinigten Europas und gleichzeitig eine Erklärung des Verzichts auf Rache und Vergeltung.
70 Jahre nach der Unterzeichnung der Charta, am „Tag der Heimat“ erinnern wir uns an das Schicksal all derjenigen, die Opfer von Krieg, Flucht und Vertreibung waren. Wir gedenken den Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten und sich auf den Weg machten in eine neue, ungewisse Zukunft und dabei trotzdem nicht den Mut verloren.
Die Vertriebenen haben mit ihren Bräuchen und Traditionen vielerorts das gesellschaftliche und das soziale Leben geprägt, auch in Baden-Württemberg. Mein herzlicher Dank und meine Anerkennung gelten dem Bund der Vertriebenen, der mit seiner beispielhaften Arbeit zur Verständigung, Aussöhnung und Freundschaft zwischen den Völkern beigetragen hat.
Dem BdV und seinen Mitgliedern wünsche ich für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg bei ihrer Arbeit.
Dr. Markus Söder
Ministerpräsident des Freistaates Bayern

Die am 5. August 1950 verkündete Charta der Heimatvertriebenen ist ein Dokument von herausragender Bedeutung. Mit ihr schufen sich die Vertriebenen ein Fundament, das ihr Zusammenleben in ihrer neuen Heimat und ihre Eingliederung in die damals junge Bundesrepublik bis heute prägt.
Die Charta spiegelt als Zeitdokument die historische Situation, in der sie entstanden ist, weist aber zugleich weit in die Zukunft. Sie enthält ein Bekenntnis zum Gewaltverzicht und zur Versöhnung. Sie ruft die Völker und Staaten Europas auf, gemeinsam für eine friedliche und bessere Zukunft zu arbeiten. Viel und damals kaum Erwartetes wurde erreicht. Die „Schaffung eines geeinten Europas ..., in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können“ bleibt aber eine dauerhafte Aufgabe, der wir uns in Deutschland und in Europa immer wieder neu stellen müssen.
Die beeindruckende Geschichte der Vertriebenen in der Nachkriegszeit zeigt, dass dies gelingen kann. Insofern ist das, was vor 70 Jahren geschah, auch eine Ermutigung für die Gegenwart und für künftige Generationen.
Das Schicksal der Heimatvertriebenen darf nicht vergessen werden. Ihr Leiden muss Mahnung zu Frieden und Verständigung bleiben. Ihre Charta und ihr herausragender Beitrag zum Wiederaufbau sind Zeugnisse des Mutes und Zeichen der Hoffnung!
Michael Müller
Regierender Bürgermeister von Berlin

70 Jahre ist es nun her, dass in Stuttgart die Charta der deutschen Heimatvertriebenen unterzeichnet und verkündet wurde. Dieses Jubiläum erinnert an eine bedeutende Wegmarke der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Fünf Jahre vor der Verkündung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen, vor nunmehr 75 Jahren, endete mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht der Zweite Weltkrieg in Europa. Der Sieg der Alliierten bedeutete die Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. In Mittel- und Osteuropa waren Millionen Menschen zu Opfern des deutschen Vernichtungskrieges geworden und nach dem Krieg wurden dort auch 15 Millionen Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben.
Die 1950 veröffentlichte Charta der deutschen Heimatvertriebenen beschrieb den Weg in eine bessere Zukunft: Sie ruft zum Verzicht auf Rache und Vergeltung auf, und sie fordert ein engagiertes Eintreten für den Wiederaufbau Deutschlands sowie die Schaffung eines geeinten Europas. Heute freuen wir uns über die enormen Fortschritte und Erfolge, die in Deutschland und Europa in diesem Sinne erreicht werden konnten. Aber wir wissen, dass unzählige Menschen auf der ganzen Welt auch in der Gegenwart Opfer von Flucht und Vertreibung werden.
Das Jubiläum der Charta lenkt den Blick auf sieben Jahrzehnte Engagement der Heimatvertriebenen für unsere Gesellschaft und auf ihre Verdienste beim Aufbau der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus ist es aber auch das: Ein Appell an uns alle, uns für Frieden und Verständigung einzusetzen und solidarisch mit jenen zu sein, die heute vor Krieg und Verfolgung fliehen.
Dr. Dietmar Woidke
Ministerpräsident des Landes Brandenburg

Vor 70 Jahren wurde die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ verkündet. An diesen wichtigen Moment deutscher Geschichte erinnert der Bund der Vertriebenen im Jubiläums-Jahr des Zeitdokuments.
Die Festveranstaltung, die ursprünglich auch den „Tag der Heimat“ einleiten sollte, kann zu meinem großen Bedauern aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Um den Gedenktag dennoch würdig zu begehen, findet nun eine Kranzniederlegung am Denkmal der Charta in Stuttgart statt, an der sich das Land Brandenburg gerne mit einem Gebinde beteiligt.
Ich begrüße sehr, dass die Heimatvertriebenen, als deren Grundgesetz die Charta gilt, diesen Anlass „real“ feiern. Denn die Charta ist von großer nationaler Bedeutung. Die Verfasser bekunden darin ihren Willen, am Wiederaufbau Deutschlands mitzuwirken. Das Dokument steht am Anfang einer bemerkenswerten Integrationsleistung der Vertriebenen.
In der Charta bekennen sie sich ferner – als weiteres Leitmotiv – zur Schaffung eines geeinten Europas. Ihre Beiträge für die Entwicklung Deutschlands und für Frieden in Europa verdienen unser aller Anerkennung. Die Aufbauleistung würdigte auch der damalige Bundestagspräsident Nobert Lammert in seiner Rede zum 60. Jahrestag der Charta, indem er die innenpolitischen, außenpolitischen sowie wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Verdienste der Vertriebenen hervorhob.
2020 jährt sich das Ende des von Nazi-Deutschland begonnenen Zweiten Weltkriegs zum 75. Mal. Europa lag 1945 in Trümmern. Als eine Folge dieser Verbrechen wurden Menschen vertrieben, mussten flüchten. Das traf auch viele Deutsche. Rund 14 Millionen mussten ihre Heimat in Mittel- und Osteuropa verlassen und an einem anderen Ort – unter oft schwierigen Bedingungen – wieder neu anfangen.
Die vertriebenen Menschen haben als Folge des Krieges Leid und Unrecht erfahren. Der Verlust der Heimat schmerzt, was oft bis heute fortwirkt. Das Schicksal der Vertriebenen anzuerkennen und ihre Lebensleistung zu würdigen, das ist auch eine Verantwortung, die wir Deutschen aufgrund unserer Geschichte haben.
Die Charta ist und bleibt eine wichtige Basis für den dafür notwendigen Dialog.
Dr. Andreas Bovenschulte
Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen

Mit dem Begriff „Heimat“ werden auch heute noch unglaublich komplexe Empfindungen verbunden. Philosophen, Schriftsteller, Historiker, Linguisten oder Anthropologen sagen uns, dass „Heimat“ ein mit starken Gefühlen verbundenes Faktum ist. Doch was Heimat für den Einzelnen bedeutet, welche Gefühle oder welche Erinnerungen damit verknüpft sind, welche Geschichten sich dahinter verbergen, das können viel mehr diejenigen sagen und ausdrücken, die ihre Heimat einst verlassen mussten – aus welchen Gründen auch immer. Oftmals wird einem die Bedeutung von Heimat erst aus der Entfernung richtig klar und groß.
Vor 70 Jahren wurde die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ unterzeichnet, mit der sich die Vertriebenen aus den ehemals deutschen Gebieten zusammenschlossen. Und auch wenn sie laut einiger Protagonisten durchaus kontrovers betrachtet werden kann, in ihrem Kern riefen die Vertriebenen mit der Charta trotz des selber erlittenen Unglücks zum Verzicht auf Rache und Gewalt auf und wollten damit ein klares Bekenntnis zur Verständigung zwischen den Staaten, den Völkern und Volksgruppen ablegen – zur Schaffung eines einigen Europas. Ja, man sei mit dieser Erklärung zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung am 5. August 1950 seiner Zeit sogar weit voraus gewesen, erklärt der später ins Leben gerufene Bund der Vertriebenen.
Damals und leider auch heute noch sind die häufigsten Gründe für Flucht und Vertreibung: Krieg und kriegerische Konflikte. Laut des jüngsten UNHCR-Berichts waren 2019 rund ein Prozent der Weltbevölkerung, also fast 80 Millionen Menschen, auf der Flucht. Viele von ihnen drängt es nach Europa. Und das stellt die europäische Staatengemeinschaft vor große Herausforderungen.
Dabei haben wir in Europa gerade alle Hände voll zu tun damit, dass die Europäische Union weiterhin zusammenhält und die Probleme von Flucht und Vertreibung gemeinsam bewältigt. Dass diese an sich schon große Herausforderung jetzt vor dem Hintergrund der Corona- Pandemie und den damit einhergehenden besonders schmerzlichen Einschränkungen bei Mobilität und den sozialen Kontakten stattfindet, das macht die Aufgabe nicht leichter. Umso mehr braucht es den gesellschaftlichen Zusammenhalt, den Willen zusammenzuhalten aber auch die Menschen verschiedener Herkunft zusammenzuführen.
Es galt damals und gilt auch heute, jede Anstrengung zu unternehmen, um gemeinsam all jenen Heimatlosen und –vertriebenen Mitgefühl entgegenzubringen und sie solidarisch willkommen zu heißen, damit sie integriert werden können und sie eine neue Heimat für sich und die nachfolgenden Generationen finden können.
Dr. Peter Tschentscher
Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg

Vor 70 Jahren, am 5. August 1950, wurde in Stuttgart die Charta der deutschen Heimatvertriebenen unterzeichnet. Sie bereitete den Weg für die Integration von Millionen Vertriebenen in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland und beteiligte sie am wirtschaftlichen Wiederaufbau sowie am Friedensprozess im Europa der Nachkriegszeit.
Es ist wichtig, dass wir die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen und ihre tiefgreifenden Folgen für die Menschen und Nationen in Europa wachhalten.
Die Charta der deutschen Heimatvertriebenen ist eine Mahnung, Krieg und Vertreibung überall auf der Welt zu ächten und für Frieden und Demokratie einzutreten. Der Bund der Vertriebenen kann mit seinem Gedenken dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
Volker Bouffier
Ministerpräsident des Landes Hessen

Meine herzlichen Grüße gelten allen Mitgliedern des Bundes der Vertriebenen anlässlich der Feier „70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen“. Ich freue mich, die große Verbundenheit des Landes Hessen zum Bund der Vertriebenen ausdrücken zu können.
Von Anfang an fühlte sich Hessen eng mit den Heimatvertriebenen verbunden. Ihre Erfahrungen haben die Entwicklung unseres Landes mitgestaltet und es zu dem gemacht, was es heute ist. Als gesellschaftliche Gruppe mit großem politischem Gewicht haben sie nach dem Zweiten Weltkrieg Geschichte mitgeprägt, hessische, deutsche und europäische.
1950 haben die deutschen Heimatvertriebenen in Stuttgart ein Bekenntnis für ein einiges Europa und für die Verständigung der Völker abgelegt, als sie die Charta verkündet haben. Sie ist bis heute Wertegrundlage und Meilenstein auf dem Weg, Lehren aus der Geschichte zu ziehen und für eine europäische Zukunft einzutreten. Denn Flucht und Vertreibung deutscher Zivilistinnen und Zivilisten sind stets in Verbindung mit den Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes und dem Zweiten Weltkrieg zu sehen, einem Krieg, den Deutschland entfesselt und geführt hatte.
Durch ihr Engagement in den vergangenen Jahrzehnten haben die Vertriebenen Bedeutendes geleistet und sich am Aufbau eines freien und geeinten Europas beteiligt. Sensibilisiert für die Fragen des friedlichen Zusammenlebens wurden sie zu „Brückenbauern“ zwischen Deutschland und seinen östlichen Nachbarn. So konnte aus dem verantwortlichen Erinnern die Kraft für den Bau eines demokratischen, verlässlichen Deutschlands und für ein friedliches Europa gewonnen werden. Ich bin sicher, dass sie auch in Zukunft wichtige Impulse geben werden.
Manuela Schwesig
Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Der Tag der Heimat ist ein Tag des Gedenkens. An diesem Tag gedenken wir in ganz Deutschland der Opfer von Flucht und Vertreibung. Dieses Jahr ist dieser Gedenktag ein besonderer Tag. Der Bund der Vertriebenen erinnert an das 70. Jubiläum der Verabschiedung der Charta der deutschen Vertriebenen.
Die Charta ist das Grundgesetz aller Heimatvertriebenen und ist heute so aktuell wie damals. Mit der Kranzniederlegung am Ort der Verkündung der Charta, am zentralen Mahnmal der deutschen Heimatvertriebenen, wird allen gedacht, die durch Flucht und Vertreibung schwere Einschnitte in ihrem Leben erfahren haben.
Der Tag der Heimat ist aber auch eine Würdigung all jener, die sich heute für Geflüchtete einsetzen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind aktuell mehr als 80 Millionen Menschen auf der Flucht. Viele Menschen setzen sich für mehr Solidarität mit Vertriebenen und Geflüchteten ein und treten ehrenamtlich für die Anliegen von Vertriebenen ein. Das ist auch in unserem Land so und dafür möchte ich allen Engagierten sehr herzlich danken.
Dem diesjährigen „Tag der Heimat“ unter dem Leitwort „70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ wünsche ich einen guten Verlauf. Dieser Tag ist Anlass, sich an die Geschichte zu erinnern und zugleich trägt er dazu bei, unsere gemeinsame Zukunft zu gestalten.
Stephan Weil
Ministerpräsident des Landes Niedersachsen

Ich möchte Ihnen die besten Grüße der Niedersächsischen Landesregierung zu diesem besonderen Tag der Heimat übermitteln. „70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ sind ein wirklich besonderes Jubiläum, welches wir in diesem Jahr unter doch ganz anderen Voraussetzungen begehen, als wir es uns vor ein paar Monaten noch vorgestellt hätten.
Die COVID-19-Pandemie bestimmt seit einiger Zeit unser Leben. Leider musste die geplante Festveranstaltung dieses Jubiläums, wie viele andere in diesem Jahr, verschoben werden. Eine richtige, wenn auch schmerzliche Entscheidung – ich bin mir aber sicher, dass die Veranstaltung in einem würdigen Rahmen im nächsten Jahr nachgeholt wird.
70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen: Für viele von Ihnen war und ist diese Charta ein wichtiges zeitgeschichtliches Dokument. Viele Passagen dieser Charta wurden über die Jahre und Jahrzehnte oft zitiert und immer wieder zurecht herausgestellt. Aber elementar ist für mich der Geist, welcher nur etwa fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs dieses Dokument geprägt hat – und dies bis heute tut. Es wurde das Ziel eines freien und geeinten Europas formuliert. Aus der heutigen Perspektive klingt das nicht wirklich „besonders“. Aber insbesondere die Heimatvertriebenen standen vor 75 Jahren im zerstörten Nachkriegsdeutschland vor dem Nichts. Sie hatten ihre Heimat, ihre Habseligkeiten und oft noch so viel mehr verloren. Und diese Menschen konnten von den Freiheiten, wie wir sie heute kennen, nur träumen. Europa war von einer Einigung schier unendlich weit entfernt. Und trotzdem warfen sie im Jahr 1950 hoffnungsvoll den Blick in die Zukunft. In den darauffolgenden Jahrzehnten haben sie das heutige Deutschland maßgeblich mit aufgebaut und geprägt. Zugleich setzten sie sich für eine nachhaltige Erinnerungskultur um die ehemaligen ostdeutschen Gebiete sowie für das kulturelle Erbe ein.
Alle diejenigen, die die Jahrzehnte über unermüdlich für dieses Ziel gekämpft haben, mussten in den vergangenen Monaten erleben, wie sich – aus ganz anderen Gründen – die Schlagbäume an den Grenzen erneut senkten und die Solidarität des geeinten Europas auf eine schwere Probe gestellt wurde. Vieles von dem, was über Jahrzehnte aufgebaut wurde – seien es Städtepartnerschaften oder Schüleraustauschprogramme – kam zum Erliegen.
Ich bin froh, dass letztlich die Menschlichkeit und die Solidarität unser Handeln in Europa bestimmt. Und auch wenn die nur langsamen Lockerungen eine nur schrittweise Rückkehr zur Normalität ermöglichen, zeigt sich doch bereits jetzt, wie sehr die Menschen die über Jahrzehnte erkämpften und bereits in der Charta formulierten Freiheiten schmerzlich vermissen und jetzt vielleicht auch ein Stück weit mehr wertschätzen.
Europa ist – und das ist auch ein Verdienst der Heimatvertriebenen und ihrer Verbände – über die Jahrzehnte enger zusammengewachsen. Ich denke, Sie stimmen mir zu, wenn ich behaupte, dass wir, wie in der Charta gefordert, den Weg in eine bessere Zukunft grundsätzlich gefunden haben. Deshalb lassen Sie uns hoffnungsvoll in die Zukunft schauen. Aus dem Bewusstsein, was wir in Europa in den letzten Jahrzehnten erreicht haben und welche schier unüberwindbaren Hürden letztlich doch gemeistert wurden, lässt sich Zuversicht schöpfen.
Gleichzeitig wünsche ich mir, dass wir auch zukünftig den Blick für das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen und aller Flüchtlinge der Welt nicht verlieren. Denn – und das habe ich bereits in der Vergangenheit betont: Vertreibungen bleiben Unrecht, ganz egal wo und wann sie geschehen. Und sie müssen auch weiterhin als Unrecht gebrandmarkt werden.
Armin Laschet
Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen

75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist es für uns unvorstellbar, dass deutsche Heimatvertriebene damals keineswegs überall mit offenen Armen empfangen wurden. Auf manchen deutschen Ortsschildern war die Parole „Flüchtlinge sind hier nicht willkommen!“ zu lesen. Auch diese Erfahrung gehört zur historischen Wahrheit, die sich in der Charta der deutschen Heimatvertriebenen widerspiegelt.
Das vor 70 Jahren in Bad Cannstatt verabschiedete „Grundgesetz“ der deutschen Heimatvertriebenen wirkt mit seiner Selbstverpflichtung zum Aufbau Deutschlands und Europas geradezu visionär. Bis in unsere Zeit ist diese Charta eine Mahnung an alle, die Flüchtlingen mit Unbarmherzigkeit und Feindseligkeit begegnen. Denn dort steht: „Die Völker müssen erkennen, dass das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen wie aller Flüchtlinge ein Weltproblem ist, dessen Lösung höchste sittliche Verantwortung und Verpflichtung zu gewaltiger Leistung fordert.“ Dieser kraftvolle Appell für Frieden und Versöhnung in einem geeinten Europa ist bis heute aktuell.
Die deutschen Heimatvertriebenen haben hier, in Deutschland und vor allem bei uns in Nordrhein-Westfalen, ein neues Zuhause gefunden. Der 70. Jahrestag ihrer Charta ist für uns darum ein schöner Anlass, ihnen zu danken für ihren wertvollen Beitrag, den sie beim Wiederaufbau unseres Landes und in den Jahrzehnten seither für den wirtschaftlichen Wohlstand, die soziale Stabilität und den kulturellen Reichtum ihrer neuen Heimat geleistet haben. Deshalb hat Nordrhein-Westfalen bereits in den Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland die Patenschaften über die Siebenbürger Sachsen und die Landsmannschaft der Oberschlesier übernommen. Darauf sind wir stolz. Nicht nur aus historischer Verpflichtung, sondern aus Überzeugung gibt es bei uns in Nordrhein-Westfalen einen eigenen Beauftragten für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern.
Die Geschichte der deutschen Heimatvertriebenen ist ein Teil unserer eigenen Geschichte. Sie erinnert zugleich an unsere Verpflichtung und unsere Verantwortung gegenüber jenen Menschen, die zu uns gekommen sind und zu uns kommen. Und zugleich zeigt sie, was wir gemeinsam leisten können, wenn wir auch in Zukunft fest zusammenhalten.
Malu Dreyer
Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz

Es ist nun bereits 70 Jahre her, dass die 30 Sprecher der Vertriebenenverbände respektive ostdeutschen Landsmannschaften am 5. August 1950 in Stuttgart-Bad Cannstatt die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ unterzeichneten. Auch nach über sieben Jahrzehnten behalten einige Passagen der damals formulierten Charta auch in unserer modernen, globalisierten Welt ihre Gültigkeit.
Besonders im Hinblick auf die derzeitig hohe Fluchtbewegung weltweit, ist der Ruf nach einem internationalen Zusammenschluss des „guten Willens“ hervorzuheben: Dieser Zusammenschluss sei laut den Verfassern notwendig, damit aus Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden werde. Es liegt also in unser aller Verantwortung, Flüchtenden – völlig unabhängig von ihrer Herkunft – in ihrer besonders verletzlichen und orientierungslosen Lage Schutz und Unterstützung zu bieten.
Mein besonderer Dank gilt dem Bund der Vertriebenen e.V., seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie allen ehrenamtlichen Unterstützern und Unterstützerinnen für ihren Einsatz. Ich wünsche Ihnen alles Gute und eine Jubiläumsfeier, die zum Nachdenken anregt – auch wenn sie diesmal unter anderen Umständen als gewohnt stattfindet.
Tobias Hans
Ministerpräsident des Saarlandes

„Wir rufen Völker und Menschen auf, die guten Willens sind, Hand anzulegen ans Werk, damit aus Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden wird.“
Mit diesem Aufruf schließt im Jahre 1950 die Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unterzeichneten dreißig Männer und Frauen diesen zukunftweisenden Appell, der bis heute nachhallt. Er hat nichts an Aktualität und nichts an Bedeutung verloren.
Vor dem prägenden Hintergrund von Krieg und Vertreibung bot die Charta etwas grundlegend Versöhnliches: Den Aufruf zum Verzicht auf Rache und Gewalt, trotz vielfach selbst erlebtem Unrecht. Der Zivilisationsbruch durch Gewaltherrschaft und Krieg wurde beantwortet durch die christlich geprägte Übernahme von Verantwortung für eine bessere Zukunft.
Unser Land hat den Frauen und Männern des Jahres 1950 viel zu verdanken. Die Charta wird in diesem Jahr 70 Jahre alt. Zu Recht ist ihr Jubiläum ein Grund zum Feiern. Denn vieles von dem, was Vision und Hoffnung war, ist Realität geworden. Wir alle leben, trotz mancher Schwächen und Rückschläge, heute in einem vereinten und freien Europa. Und in einem Deutschland, das auch dank der großen Eingliederungsleistung der Heimatvertriebenen in Wohlstand und Frieden lebt.
Hierzu hat der BdV nicht nur durch seine Charta beigetragen. Der BdV war immer Impulsgeber für die europäische Einigung. Er hatte wie die großen Europäer dieser Ära schon früh die Zeichen der Zeit erkannt. Und er erkennt sie noch heute. Er erkennt sie in einem der entscheidendsten Problemstellungen der globalen Entwicklung: Flucht und Vertreibung von Millionen Menschen aus den verschiedensten Ursachen und Gründen. Die Lösung dieser Frage wird maßgeblichen Einfluss auf unsere Zukunft haben.
Wie kaum jemand anderes setzt sich der BdV für die Menschenrechte, für Heimatrecht und für den Schutz vor Vertreibungen und ethnischen Säuberungen ein. Länder in der Bewältigung von Konfliktfolgen zu unterstützen, um Menschen eine Perspektive im eigenen Land zu eröffnen, ist eine wichtige Strategie im Kampf gegen Fluchtursachen. Kaum einer, so postuliert es der BdV, verlässt seine Heimat ohne Not. Wer wollte dem widersprechen? Kommt dieser Satz doch von denen, die Vertreibung und Not selbst erlitten haben. Und zieht dieser Satz nicht auch eine Lehre aus unserer eigenen Geschichte? Das 70-jährige Jubiläum, das am 5. August 2020 feierlich begangen wird, sieht den Bund der Vertriebenen auf der Höhe der Zeit. Er erhebt seine Stimme zu wichtigen Themen, mit Blick auf Tradition, aber auch mit einem modernen Heimatbegriff. Er kennt die Wegweiser in eine gute Zukunft. Sie stehen seit 70 Jahren in seiner Charta.
Ich freue mich mit ihm über 70 Jahre Charta und 70 erfolgreiche Jahre der Arbeit für unser Land. Ich darf ganz herzlich im Namen der Saarländerinnen und Saarländer dazu gratulieren.
Michael Kretschmer
Ministerpräsident des Freistaates Sachsen

75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, der den Höhepunkt der Vertreibungen von Deutschen aus den vormaligen Ostgebieten darstellte, und 70 Jahre nach der Erklärung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen bekommt das Wort Erinnerung auf einmal eine existentielle Bedeutung. Denn Zeitzeugen, die damals alt genug waren, um eine enge Bindung zu ihrer Heimat aufzubauen oder bewusst das Leid der Vertreibung miterleben mussten, gibt es nicht mehr viele. Dennoch sollte die Erinnerung an die Eindrücke und Gefühle der Großeltern, wenn diese von ihrer Heimat und dem Leid der Vertreibung sprachen, nicht erlöschen. Dies gilt schon aus Respekt und Mitgefühl ihnen gegenüber.
Unabhängig von den historischen Umständen und der deutschen Schuld am Kriegselend, kann und konnte den Vertriebenen niemand verbieten, ihre Heimat zu lieben und zu ehren und das ihnen erfahrene Leid anzuprangern.
Der Bund der Vertriebenen leistet für die Erinnerungskultur seit jeher eine großartige Arbeit. Erinnerung geschieht aber in besonderer Weise auch im Kleinen und Privaten, zum Beispiel durch das Betrachten alter Fotos, das Aufstöbern von Büchern der Großeltern und das Weitererzählen der Erlebnisse durch die Kinder an die Kindeskinder.
Zudem ging es den Vertriebenen und ihren Verbänden nie allein um die Vergangenheit und das Betrauern des Verlustes, sondern von Beginn an auch um die Zukunft sowie den Neuaufbau ihrer Existenz und eines Deutschlands in Frieden und Freiheit.
Die Charta der deutschen Heimatvertriebenen war gerade deshalb so bedeutend, denn sie war das Bekenntnis zur Versöhnung und das Versprechen, zum Wiederaufbau Deutschlands beizutragen. Dieses Versprechen wurde eindrucksvoll eingelöst. Viele konnten sich damit eine neue Heimat schaffen. Die Charta vor 70 Jahren war damit auch ein Fundament des heutigen wiedervereinten Deutschlands.
Ich gratuliere zu diesem Jubiläum und freue mich auf den weiteren Austausch.
Dr. Reiner Haseloff
Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt

Wie in jedem Jahr wollten Sie auch 2020 den „Tag der Heimat“ mit einer großen Veranstaltung begehen. Wegen der Corona-Pandemie kann diese Veranstaltung, wie viele andere auch, leider nicht stattfinden. Ich begrüße, dass Sie den Tag mit einer Kranzniederlegung am Denkmal der Charta der Heimatvertriebenen in Stuttgart dennoch würdig begehen.
Der Tag der Heimat mahnt uns immer wieder neu, an das mit Flucht und Vertreibung verbundene Leid zu denken. Sie sind kein Phänomen des 20. Jahrhunderts. Sie prägen auch unsere Gegenwart. Denn noch nie gab es weltweit so viele Flüchtlinge wie jetzt. Mehr als 80 Millionen Menschen haben ihre Heimat durch Kriege und ethnische Konflikte verloren. Sie befinden sich entweder innerhalb ihres Landes oder über dessen Grenzen hinaus auf der Flucht.
Der diesjährige Tag der Heimat steht unter dem Motto „70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen“. Die Charta von 1950 ist von ungebrochener Bedeutung und Aktualität. Sie ist ein herausragendes europäisches Dokument der Versöhnung und Völkerverständigung. Noch unmittelbar unter dem Eindruck des erlittenen Verlustes der Heimat bekannten sich die Heimatvertriebenen zum Verzicht auf Vergeltung, zur Teilnahme am Wiederaufbau Deutschlands und zu einem geeinten Europa, „in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können“.
Der Tag der Heimat ist nicht zuletzt auch eine eindringliche Mahnung an die Völkergemeinschaft, Vertreibungen, wo immer sie sich ereignen, zu ächten und die Menschenrechte, zu denen auch das Recht auf Heimat zählt, einzufordern und umzusetzen. Nicht zuletzt die europäische Flüchtlingskrise hat uns in aller Deutlichkeit auf diese Zusammenhänge hingewiesen. Aus Visionen wurde Wirklichkeit.
Aber noch sind nicht alle Forderungen der Charta erfüllt. Nach wie vor werden Menschen aus ihrer angestammten Heimat vertrieben. Nach wie vor wird Menschen das elementare Recht auf Heimat verweigert. Heimatrecht ist ein universelles Menschenrecht. Vertreibungen weltweit zu ächten und sie künftig unmöglich zu machen, ist ein Gebot der Menschlichkeit.
Heimat ist mehr als nur ein geographischer Begriff. Sie ist ein emotionales Bekenntnis, ein vertrauter Lebensraum und Kulturkreis. Heimat gibt Sinn und Identität. Das Recht auf Heimat muss überall anerkannt und respektiert werden. Niemanden sollte dieses Anliegen gleichgültig lassen. Der BdV steht für die Verwirklichung dieses Menschenrechts, im Geiste der Toleranz, Demokratie und Freiheit.
Für sein Engagement danke ich ihm ganz herzlich.
Daniel Günther
Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein

Im Namen der Landesregierung grüße ich die Mitglieder des Bundes der Vertriebenen zum 70-jährigen Jubiläum der Unterzeichnung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen.
Gerne möchte ich dieses historische Jubiläum würdigen. Allein in Schleswig-Holstein lebten in den Nachkriegsjahren gut eine Million Flüchtlinge. Flucht und Vertreibung aus der Heimat führten zu Frust und Verbitterung und zu durchaus problematischen Ansichten über Opfer- und Täterrollen im Zweiten Weltkrieg.
Die Verkündung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen aber brachte zum Ausdruck, von nun an ernstzunehmende Akteure in der neuen Demokratie sein wollen. Die politischen Köpfe der jungen Bundesrepublik identifizierten sich parteiübergreifend mit dem Text.
Auch wenn heute manche Formulierungen und Forderungen befremdlich wirken, ist die Charta der deutschen Heimatvertriebenen ein wichtiges Zeitzeugnis. Sie dokumentiert den Integrationswillen der Vertriebenen und ihre Bereitschaft zur Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands. Somit hat die Charta eine wichtige gesellschaftliche Basis für den Weg in ein friedliches und geeintes Europa geschaffen.
Mit der Pflege kultureller Tradition, der Unterstützung und Interessensvertretung für Flüchtlinge, Vertriebene und Spätaussiedler und den Einsatz für Völkerverständigung leistet der Bund der Vertriebenen bis heute einen wichtigen Beitrag für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland und Europa.
Ich wünsche den Mitgliedern des Bundes der Vertriebenen alles Gute und – vor allem in diesen Zeiten – viel Gesundheit.
Bodo Ramelow
Ministerpräsident des Freistaates Thüringen

Zum Tag der Heimat grüße ich Sie alle sehr herzlich aus der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt!
Wir begehen in diesem Jahr das 70-jährige Jubiläum der Charta der deutschen Heimatvertriebenen vom 5. August 1950. Die Charta ist ein Schlüsseldokument der Nachkriegsgeschichte und steht für ein Manifest menschenrechtlicher Grundwerte. Sie hat damals den Weg der Verständigung in Deutschland und in Europa geebnet. Die Charta ist der Schlüssel für Aussöhnung und Frieden!
Die Heimat verlassen zu müssen – mit wenig Hab und Gut, vielleicht nur in einem Koffer verstaut und mit einem Kind an der Hand – das ist eine der schlimmsten Erfahrungen, die Menschen machen können. Flucht und Vertreibung waren zum und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges Schicksal und Leidensweg für Millionen von Menschen. Nicht nur die Vertriebenen, die direkt davon betroffen waren, sondern auch noch Generationen später tragen Last und Leid jener schrecklichen Erfahrungen mit sich. Flucht und Vertreibung, ein Europa in Schutt und Asche waren Folgen des von Adolf Hitler entfachten Vernichtungskrieges und der zwölfjährigen NS-Diktatur.
75 Jahre nach Kriegsende gedenken wir aller Menschen, deren Leben von Krieg, Zerstörung, Flucht und Vertreibung geprägt ist. Wir erinnern an die während Flucht und Vertreibung, Deportation und Zwangsarbeit umgekommenen Männer, Frauen und Kinder. Wir danken denen, die aus Humanität und Nächstenliebe damals geholfen haben. Das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen und ihrer Nachkommen mahnt uns. Ihre Geschichten sind Teil unserer deutschen und europäischen Geschichte. Die Erinnerung daran wird für unsere Zukunft in einer friedlichen und solidarischen Welt immer unverzichtbar bleiben.
Der Tag der Heimat des Bundes der Vertriebenen führt uns vor Augen, wie kostbar für jeden von uns die Heimat ist. Uns wird bewusst, dass ein Leben in Demokratie, Freiheit und Frieden nicht selbstverständlich ist. In diesem Bewusstsein nehmen wir Anteil am Schicksal heutiger Opfer von Flucht und Vertreibung. Es ist heute unsere Verpflichtung von damals, uns vom humanen Geist und einer Haltung der Offenheit, Hilfsbereitschaft und Mitmenschlichkeit gegenüber Verfolgten, Vertriebenen und Entrechteten leiten zu lassen.
Von der aus Ostpreußen stammenden ehemaligen Mitherausgeberin der Zeitung „Die Zeit“, Marion Gräfin Dönhoff, stammt der Satz: „Immer hatte ich mir gewünscht, einen Tag zu erleben, an dem wir auf der einen Seite des trennenden Flusses zu einem Gedankenaustausch zusammenkommen, dann gemeinsam über die Brücke gehen und auf der anderen Seite weitermachen.“
Ich danke dem Bund der Vertriebenen dafür, dass er Brücken der Versöhnung und Verständigung baut. Mein Dank gilt den Landsmannschaften und den Mitgliedern für ihre Arbeit in vielen grenzüberschreitenden Projekten und im Bildungsbereich. Sie leisten einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft. Sie alle sind Brückenbauer im Dönhoff‘schen Sinne für eine bessere und gerechte Welt!
Dafür danke ich Ihnen sehr und grüße Sie alle von Herzen zum Tag der Heimat im 70. Jubiläumsjahr der Charta der deutschen Heimatvertriebenen!
Annegret Kramp-Karrenbauer
Vorsitzende der Christlich Demokratischen Union Deutschlands

Das heutige Gedenken an die Charta der deutschen Heimatvertriebenen anlässlich des 70. Jahrestags ihrer Unterzeichnung ist nicht nur ein Tag, an dem wir uns an eines der bedeutendsten Dokumente der Versöhnung in der deutschen Nachkriegsgeschichte erinnern. Es ist zugleich auch ein Tag, an dem wir uns die darin zum Ausdruck gebrachten Ideen der Verständigung, des Miteinanders und der Zuversicht wachhalten wollen, die damals wie heute von ganz zentraler Bedeutung für uns sind.
Erst der Blick zurück aus der Distanz von sieben Jahrzehnten zeigt den zukunftsweisenden Charakter der Stuttgarter Charta vom 5. August 1950. An die Stelle von Gewalt und Vergeltung setzt sie den Gedanken eines friedlichen, freiheitlichen und geeinten Europas: „Wir werden durch harte, unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau Deutschlands und Europas“, heißt es in dem Dokument.
Für die Unterzeichner der Charta war der gemeinsame Wiederaufbau unseres Landes immer auch ein Friedensprojekt der europäischen Einigung. Darin liegt der humanistische Geist, von dem diese Worte getragen sind. Nur fünf Jahre nach Ende des Krieges richteten die unterzeichnenden Vertreter der Vertriebenenverbände den mutigen Blick nach vorn, in Richtung eines geeinten Europas, das uns heute eine Selbstverständlichkeit zu sein scheint.
Durch die Folgen der Corona-Pandemie wird dieses Europa heute mehr denn je herausgefordert und ich bedaure sehr, dass auch die geplanten Festlichkeiten zum Jubiläum der Charta aus wohlbegründeten Vorsichtsmaßnahmen nicht wie geplant stattfinden können. Einer angemessenen Würdigung der Charta kann dies aber ganz gewiss keinen Abbruch tun – ist doch die damit gezeigte Rücksichtnahme auf das Risiko der Besucher zugleich auch ein Zeichen eben jener Werte christlicher Nächstenliebe, auf denen die Charta aufbaute und die ihren Willen zur Versöhnung leiteten.
Dass der von der Charta begründete Pfad zu einem friedlichen Europa in den vergangenen 70 Jahren niemals von seiner Richtung abwich, das ist auch ein besonderer Verdienst des Bundes der Vertriebenen und der dazugehörigen Landsmannschaften. Ihr beständiges Engagement hat dafür gesorgt, dass auf Erinnerung Versöhnung und auf Versöhnung Freundschaft folgte. Mit zukunftsgewandter Verbundenheit zu den kulturellen Wurzeln der deutschen Minderheiten haben die Mitglieder des BdV Brücken über die nationalen Grenzen hinweg gebaut und im Rahmen einer Vielzahl von Veranstaltungen die Erinnerung an das Schicksal der Vertriebenen wachgehalten.
Durch Kulturarbeit und Wissensvermittlung legten sie das Fundament dafür, dass auch die nachfolgende Generation das geistige Erbe der Charta der Vertriebenen forttragen kann. Dass Europa auf Basis gemeinsam geteilter Erinnerungen und Wertvorstellungen zusammenwächst, ist daher auch eine besondere Leistung der Heimatvertriebenen, der Aussiedler und der Spätaussiedler.
Der Blick zurück auf die Charta der Heimatvertriebenen ist damit zugleich ein Blick nach vorn auf die Zukunft Europas. Lassen Sie uns dieses besondere Jubiläum mit derselben Offenheit, derselben Weitsicht und demselben Mut wie vor 70 Jahren begehen. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Erinnerung an das Schicksal der Vertriebenen wachgehalten wird und lassen Sie uns den Kompass niemals aus der Hand geben, der uns in ein friedliches und geeintes Europa geführt hat.
Ich wünsche Ihnen alles Gute zu diesem besonderen Tag der Heimat 2020.
Norbert Walter-Borjans
Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

1945 – vor 75 Jahren – haben viele Deutsche ihre Heimat verloren. Sie waren späte Opfer der mörderischen Gewalt, des Willens zur Ausrottung und Unterwerfung anderer Völker und Gruppen von Menschen, die Nazi-Deutschland über Europa und die Welt gebracht hatte.
Am 5. August 1950 haben 30 Vertreter von deutschen Heimatvertriebenen die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ beschlossen, die mit ihren Erklärungen und Forderungen weit in die Zukunft wies. Viele, die den Text der Charta heute zum ersten Mal lesen, werden staunen, wie praktisch und wie grundsätzlich zugleich hier formuliert worden ist: Die Unterzeichner warben für die „Schaffung eines geeinten Europas“, verlangten „gleiches Recht als Staatsbürger nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch in der Wirklichkeit des Alltags“ und schworen „Rache und Vergeltung“ ab für das Leid und das Unrecht, das ihnen widerfahren war.
Wenn ich an das Schicksal der deutschen Vertriebenen denke, habe ich eine Frau aus Breslau vor meinen Augen, die für mich wie eine Oma war, weil sie über zwei Jahrzehnte zur Familie gehört hat in meinem Elternhaus. Sie hat den Geist der „Charta“ gelebt. Sie hat mir immer wieder gesagt, wie sehr sie ihr Breslau vermisse, dass es aber keinen Weg zurück gebe. Dort lebten inzwischen Menschen, denen man nicht ihre Wohnungen, ihre neue Heimat nehmen dürfe. Diese menschliche Größe hat mich als jungen Menschen tief beeindruckt.
Zur ehrlichen Erinnerung an das Schicksal der Heimatvertriebenen gehört auch nicht zu verschweigen, dass sie in vielen Fällen alles andere als willkommen waren. Harald Jähner schreibt in seinem Buch „Wolfszeit. Deutschland und die Deutschen 1945 – 1955“, für das er 2019 den Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse bekommen hat: „Die Einheimischen, ob in Bayern oder Schleswig-Holstein, wehrten sich teilweise so vehement gegen die Einquartierungen, dass die Vertriebenen nur unter dem Schutz von Maschinengewehren in ihre zugewiesenen Behausungen geleitet werden konnten.“ Das war sicher nicht der Normalfall. Ich weiß aber aus Erzählungen, welche Vorurteile, wie viel Herabsetzung und Ausgrenzung Heimatvertriebene ertragen mussten, weil sie als fremd, als nicht zugehörig, als Menschen mit der „falschen“ Konfession, als Konkurrenten um Wohnung, Nahrung und Arbeit hingestellt und empfunden wurden.
Ohne den „Lastenausgleich“, die große Umverteilung zwischen denen, die der Krieg nur wenig geschädigt hatte, und denen, die alles verloren hatten, wäre nicht nur der wirtschaftliche Erfolg der Bundesrepublik Deutschland unmöglich gewesen. Nur so konnten die Heimatvertriebenen ihren Platz finden und zu sozialem Fortschritt und kultureller Vielfalt in Deutschland beitragen. Daran heute zu erinnern, ist mehr als eine historische Reminiszenz.
Das „geeinte Europa“, das die Vertriebenen in ihrer Charta vor 70 Jahren als Ziel formuliert hatten, wird nur gelingen, wenn wir uns in Europa auf unsere gemeinsamen Interessen besinnen. Die Unterschiede in den wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnissen verringern: Das ist gerade für uns Deutsche mehr als ein Gebot der Solidarität. Es geht um unser aufgeklärtes Eigeninteresse.
Wenn es den Menschen in vielen Ländern in Europa nicht gut geht, dann kann es auf Dauer auch uns in Deutschland nicht gut gehen. Wir sind aufeinander angewiesen. Wir müssen im eigenen Land und überall in Europa den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nutzen und stärken mit dem Ziel, sozialen und ökologischen Fortschritt miteinander zu verbinden. Auch das ist eine Lehre der deutschen Geschichte nach 1945, zu der die Heimatvertriebenen einen wichtigen Beitrag geleistet haben, der auch 70 Jahre nach ihrer „Charta“ nicht in Vergessenheit geraten darf.
Christian Lindner
Vorsitzender der Freien Demokratischen Partei Deutschlands

Flucht und Vertreibung sind nicht nur ein schmerzhafter Teil unserer Geschichte, sondern trotz völkerrechtlicher Ächtung immer noch akute Realität für viele Millionen Menschen weltweit. Umso wichtiger ist es, die Folgen von Flucht und Vertreibung in unserem Bewusstsein wachzuhalten.
Ich persönlich denke an meine Großeltern, die nach dem Ende des Krieges ihre Heimat Schlesien verlassen mussten. In der Bundesrepublik fanden sie eine neue Heimat. Den Schmerz, ihre alte aufgeben zu müssen, konnte dies jedoch nicht vergessen machen. Die Erzählungen ihrer Flucht haben mich von Kindheit an geprägt und sind mir auch heute in fester Erinnerung.
Die Erinnerungsarbeit der Vertriebenenverbände leistet einen wertvollen Beitrag, solche persönlichen Schicksale und die millionenfachen Geschichten der eigenen Flucht nicht in Vergessenheit geraten zu lassen – gerade angesichts der wachsenden Herausforderung, Erfahrungen der Zeitzeugengeneration an Kinder und Enkel weiterzugeben.
Wenn wir uns heute an die Proklamation der Charta der deutschen Heimatvertriebenen vor nunmehr siebzig Jahren zurückerinnern, blicken wir auf einen bedeutsamen Augenblick der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Verlust der eigenen Heimat prägt ein Leben lang. Der unbedingte Wille, nicht nur zurück, sondern auch nach vorne zu schauen, ist in so einer Situation nicht selbstverständlich.
Dennoch haben die Menschen, die aus Ost- und Südosteuropa in ein neu aufzubauendes Deutschland geflüchtet waren, mehrheitlich entschieden, ihren Beitrag zum Wiederaufbau Deutschlands und Europas zu leisten. Dieses Bekenntnis wurde am 5. August 1950 im Kursaal von Bad Cannstatt durch die Verkündung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ festgehalten. „Wir werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können.“ – das sind Worte, die damals wie heute für uns alle Mahnung und Auftrag zugleich sein sollten.
In einer Zeit, in der rechtsextreme Gesinnung, Ausgrenzung und autoritäre Tendenzen unser friedliches Zusammenleben bedrohen, sind wir gefordert, für unsere deutsche und europäische Heimat in ihrer Vielfalt einzustehen und antidemokratischen Entwicklungen entschieden entgegenzutreten.
Wir Freie Demokraten stellen uns dieser Verantwortung. Unser Ziel ist es, Freiheit und Menschenrechte weltweit zu stärken. Jeder Einsatz für Frieden und Völkerverständigung hat daher unsere volle Unterstützung.
Dr. Yeom, Seung Wha
Vorsitzender des Komitees der Nordprovinzen Koreas


Es ist mir eine große Ehre, Sie zum 70. Jubiläum der Charta der deutschen Heimatvertriebenen grüßen zu dürfen. Ich darf Sie der aufrichtigen Anteilnahme der acht Millionen Heimatvertriebenen aus Korea am 70. Jahrestag der Charta versichern. Die Charta, die Ihren Wunsch nach dauerhaftem Frieden und Ihre Heimatliebe zum Ausdruck bringt, macht uns Mut und lädt zu Empathie ein.
Gerne erinnere ich mich daran, dass Sie – Herr Fabritius – uns bei Ihrem Besuch in Korea im vergangenen Jahr die Charta der Vertriebenen vorgestellt haben. Sie begründeten, dass die Charta nicht nur einfach eine Erklärung ist, mit der die Normen der deutschen Vertriebenen dargelegt wurden, sondern auch ein „Gründungsdokument“ der jungen Bundesrepublik Deutschland, mit dem die Folgen des Krieges überwunden werden konnten.
Eine solche Charta, mit der Ziele und Bestrebungen der Vertriebenen kodifiziert werden, haben wir in Korea leider nicht verabschiedet. Unsere acht Millionen Heimatleute haben sich jedoch in den letzten 70 Jahren zutiefst den gleichen Werten verpflichtet gefühlt, die in Ihrer Charta zum Ausdruck kommen. Sie haben alle Anstrengungen unternommen, den Wohlstand und die friedliche Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel zu erreichen.
Wie Sie wissen, ist Korea derzeit das einzige geteilte Land der Welt. Die koreanischen Vertriebenen haben ein trauriges Schicksal erlitten. Wirtschaftliche Entwicklung und Überzeugungskraft soll den Boden bereiten für eine demokratische Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel.
Unsere Geschichte ist fester Bestandteil der Geschichte Koreas. Unsere erste Generation, die ihr Zuhause verloren und sich an unbekannten Orten niedergelassen hatte, versuchte, in den Trümmern des Krieges ihre Nachkommen vor der Armut zu bewahren. Auch wenn sie ihre geliebte Heimat nicht wieder sehen konnten, taten die Nachkommen ihr Bestes, um durch friedlichen Einsatz und vielfältiges Engagement ihre Heimat in der Erinnerung und der Gemeinschaft zu bewahren.
Korea hat in den 1960er Jahren Bergleute und Krankenschwestern nach Deutschland gesendet, um die wirtschaftlichen Prozesse kennenzulernen. Sie haben fleißig gearbeitet, erwarben sich einen guten Ruf und waren den Deutschen willkommen. Viele von ihnen waren koreanische Vertriebene aus den Nordprovinzen, die trotz ihrer Heimatsehnsucht nach Deutschland fliegen mussten, um dort zur Zukunft Koreas beizutragen. Ihr heldenhafter Einsatz war eine wichtige Grundlage für das moderne Korea, um sich zu einer der zehn größten Wirtschaftsmächte der Welt zu entwickeln.
Dies ähnelt sehr Ihrer eigenen Geschichte, mit der Sie einen entscheidenden Beitrag zum Wirtschaftswunder, zur Wiedervereinigung Deutschlands und zur demokratischen und friedlichen europäischen Gemeinschaft geleistet haben.
Sie und wir haben gleichermaßen Geschichte geschrieben.
Die Europäische Union, heute die stabilste und demokratischste Region der Welt, ist ein wertvolles Ergebnis auch Ihrer Bemühungen der letzten 70 Jahre, die Werte der Demokratie, des Friedens und der Wiedervereinigung voranzubringen.
Wir erkennen die wichtigen Werte der Charta der deutschen Heimatvertriebenen an und feiern heute mit Ihnen deren 70. Jahrestag. Darüber hinaus würdigen wir die Bemühungen des Bundes der Vertriebenen, der hart daran gearbeitet hat, die großen Ziele der Charta zu realisieren, und wünschen Ihnen, dass Sie sich auch weiterhin in diesem Sinne einsetzen können.